Die Geschichte der Sarganserin Marija Milunovic (17) löst heftige Emotionen aus: Das junge Mädchen verliess Serbien im Juni 2014. Ein serbisches Gericht entschied damals, dass ihre Mutter das Sorgerecht erhält. Ein Zusammenleben mit ihrem Vater in Serbien war unter anderem nach Misshandlungen nicht mehr möglich.
Marija reiste zur Mutter in die Schweiz, wurde in der Realschule eingeschult, lernte innert kürzester Zeit die deutsche Sprache. Sie spielte beim FC Balzers, galt als Top-Tschutterin. Im Oktober 2014 der Entscheid: Marija wurde aufgefordert, die Schweiz zu verlassen, das Gesuch ihrer Mutter um Familiennachzug wurde abgewiesen, weil sie die Gesuchsfrist verpasst hatte.
Doch Marija wollte nicht zum Vater nach Serbien zurück, es folgte ein monatelanger Kampf gegen die Wegweisung. Die Beamten bestätigten, dass das Mädchen erfolgreich integriert sei – allerdings auf rechtswidriger Grundlage. Denn sie halte sich ja illegal in der Schweiz auf. Marija musste in dieser Zeit sogar eine zugesicherte Lehrstelle ablehnen.
Jugendanwaltschaft: Kein illegaler Aufenthalt
Zwei Jahre später, im August 2016, sprach die St. Galler Jugendanwaltschaft sie vom Vorwurf des illegalen Aufenthalts frei: Marija habe sich nicht strafbar gemacht, sie habe nur ihrer Mutter gehorcht – dazu sei sie von Gesetzes wegen verpflichtet. «Gehst du freiwillig?»
Am Entscheid, die Schweiz verlassen zu müssen, änderte das jedoch nichts. Zumindest nicht aus Sicht des kantonalen Migrationsamtes: Am Donnerstag wurde dem 17-jährigen Mädchen die Zwangsausschaffung angedroht, wenn es nicht freiwillig das Land verlasse.
IMAGE-ERRORMarijas Anwalt Urs Bertschinger ist fassungslos. Er reichte vor Kurzem ein Wiedererwägungsgesuch beim Migrationsamt ein. Das zuständige Migrationsamt liess aber durchblicken, dass das Gesuch chancenlos sei. Bertschinger empört: «Dabei ist Marija ein Paradebeispiel einer erfolgreichen Integration!»
Hoffnung liegt auf dem Justizdirektor
Seine letzte Hoffnung richtet der Anwalt nun an den St. Galler Justizdirektor und SP-Mann Fredy Fässler: «Gerade von ihm wäre eine humanere Haltung zu erwarten. Es bringt nichts, diesem jungen anständigen Menschen die Zukunft zu verbauen.» Fässler, so fordert Bertschinger, könnte das Migrationsamt anweisen, den Ermessensspielraum zu nutzen. Das Kindeswohl werde mit einer Ausweisung «ganz offensichtlich verletzt». Fässlers Departement war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Für Marija wäre die Rückkehr nach Serbien in ein ungewisses Leben ein schwerer Schlag. «Das würde mein ganzes Leben zerstören», sagt sie zu «FM1 Today». (pma)