Massive Ausschreitungen gegen die Polizei haben die Reitschule in Bern erneut in Verruf gebracht und die Stadtregierung zum Handeln gezwungen. Vor allem mit einschneidenden finanziellen Sanktionen sollte der Druck gegenüber den Betreibern erhöht werden (BLICK berichtete).
Gegen diese Massnahmen regt sich jetzt aber Wiederstand. Namentlich der Dachverband Schweizer Musikclubs (PETZI) sowie weitere Kulturhäuser und Kulturinteressierte haben die Stadt Bern in einem offenen Brief aufgefordert, die Sistierung der Gelder für die Reitschule per sofort aufzuheben. Der Freiraum als solcher müsse erhalten und respektiert werden.
Ein verzerrtes Bild des Kulturzentrums
Die aktuelle Debatte über die Berner Reitschule zeichne ein verzerrtes Bild dieses Kulturzentrums, heisst es in dem heute veröffentlichten Brief. Es falle kein Wort zu den Konzerten und Shows, die Woche für Woche im Dachstock oder im Rössli über die Bühne gingen.
Seit ihrer Besetzung 1987 habe sich die Reitschule einen Ruf als kultureller Hotspot in der Deutschschweiz und als gesellschaftlicher Freiraum aufgebaut. Ihre Strahlkraft beeinflusse die Schweizer Kulturszene. Die Art und Weise der aktuellen Berichterstattung gefährde diesen wichtigen Stadtberner Kulturbetrieb.
«Wer will das?»
Vergangene Aktionen in Bern wie beispielsweise «Tanz dich frei» zeigten einen tiefen Graben zwischen den Bedürfnissen der Strasse und den Ansprüchen der Politik. Diese Ursache gelte es anzugehen und nicht Symptome zu bekämpfen.
Eine Schliessung der Reitschule würde den schon tiefen Graben um ein Vielfaches vergrössern, heisst es in dem Brief an die Regierung. Die Sistierung der Mittel würde die Reitschule zu einem besetzten Haus und den Vorplatz zur Sperrzone für Ordnungshüter machen: Bern würde wieder brennen. «Wer will das?»
Es gehe nun darum, gemeinsam dafür einzustehen, dass dieser historische Freiraum ein Freiraum bleibe. Dazu gehöre, sich deutlich vom gewaltbereiten Teil der Szene abzugrenzen: Protest sei eine gute Sache, aber der Zweck heilige nie alle Mittel. (cat/SDA)