In der Brauerei Doppelleu Boxer AG in Winterthur ZH wird an diesem Freitag nicht gebraut, sondern geputzt. Aber nicht etwa wegen eines plötzlichen Anstiegs der Produktion – die in Aussicht gestellten Lockerungen haben keinen Bestellboom ausgelöst.
Die wenigen zusätzlichen Aufträge schafft die Brauerei im üblichen Betriebsmodus. Der wurde schon Anfang April wieder hochgefahren, sagt Geschäftsführer Philip Bucher (46): «Wir haben diesen Öffnungsschritt bereits auf den 22. März erwartet.»
Öffnen lohnt sich wegen schlechtem Wetter nicht
Auch in den Gastronomiebetrieben werde sich vorerst kaum etwas ändern. Bucher bezweifelt, dass viele Restaurants am Montag den Terrassenbetrieb aufnehmen. Sie erwarten keinen grossen Andrang. «Es ist momentan noch zu kalt, um draussen ein Bier zu trinken. Und wenn nur wenige Gäste kommen, lohnt sich das Öffnen nicht.» Der Doppelleu-Geschäftsführer geht davon aus, dass die Öffnungen und damit auch die Bestellungen in seiner Brauerei in den nächsten Wochen langsam zunehmen, aber noch nicht sofort.
Ein ähnlich nüchternes Bild zeichnet Dominic Möckli, Geschäftsleiter der TopCC AG, in der sich Restaurants mit Ware eindecken. Das Gewerbe ist der tragende Pfeiler von Möcklis Firma, sein Wegfall «tut weh», sagt Möckli. Er verspricht sich auch von den Terrassenöffnungen keinen nennenswerten Anstieg der Verkaufszahlen.
«Der Aufwand macht es schwierig»
Wie Bierbrauer Bucher glaubt auch Grossist Möckli, dass die niedrigen Aussentemperaturen den Ansturm auf die Terrassen verhindern. «Die Menschen vermissen es zwar, auswärts zu essen, aber die meisten ziehen es vor, drinnen zu sitzen. Es wird einen Kompensationseffekt geben, aber erst wenn es warm wird oder die Innenbereiche geöffnet sind.»
Möcklis Ahnung bestätigt ein Augenschein in der TopCC-Filiale von Winterthur-Töss: vereinzelte Kunden, aber keine entfesselte Beizer-Horde, die sich für einen Gästeansturm rüstet. Stephan Jäger (57) und seine Frau, Besitzer des Restaurants Sonne in Seuzach ZH, machen hier gerade ihre Einkäufe – allerdings für einen privaten Anlass.
Jäger zeigt sich mässig begeistert vom Beschluss des Bundesrats: «Wir freuen uns natürlich, unsere Gäste wieder auf der Terrasse begrüssen zu dürfen. Aber der Aufwand, den wir betreiben müssen, macht es schwierig.»
Noch kann Gastronomie nicht aufatmen
Die Jägers haben entschieden, ihr kulinarisches Angebot vorerst nicht auszubauen, das Menü bleibt trotz Bedienung auf der Terrasse das gleiche wie beim Take-away. Das ist die eigentliche Herausforderung: «Man muss die Angestellten auf Abruf haben und sie während dieser Zeit auch bezahlen, auch wenn es gar nichts zu tun gibt.»
Die Öffnung der Terrassen hat also bis auf weiteres nicht den erleichternden Effekt, den sich viele fürs Gastgewerbe wünschen. Auch Zulieferer wie Bierbrauereien oder Abholmärkte für Grossverbraucher machen sich kaum Hoffnungen auf baldiges Umsatzwachstum.
Erst mit wärmerem Wetter und – irgendwann einmal – mit einer Ausweitung der Öffnung auf Innenräume wird die Gastronomie wieder aufatmen können.