Die Notfallmedizin in der Schweiz ist am Anschlag. Der oberste Notfallmediziner Vincent Ribordy sagt: «Das aktuelle Ausmass der Belastung ist beispiellos.» Es fehle an Personal.
Lebensbedrohlich Verletzte könnten zwar behandelt werden, «aber wir müssen stärker triagieren.» Der permanente Druck lauge die noch vorhandenen Mitarbeitenden aus. «Sie sind müde und erschöpft, fallen vermehrt aus, und das Risiko für Fehler steigt», so der Notfallmediziner. «So kann es nicht weitergehen.»
Würdelose Behandlung, höheres Fehlerrisiko
Neben einem höheren Fehlerrisiko führe die aktuelle Situation zu teils würdeloser Behandlung von Patienten, langen Wartezeiten und einem Anstieg von Mortalität und Morbidität.
Teils könne eine Betäubung nur durch Lachgas oder Opioide vorgenommen werden, weil für eine Narkose das geschulte Personal fehle. Die Mitarbeitenden seien demotiviert, hätten psychische Probleme oder sogar ein Burnout – und kehrten dem Beruf deswegen den Rücken, sagte Ribordy.
Apotheker und Hausärzte könnten auch helfen
Er fordert ein Umdenken bei den Patientinnen und Patienten: «Den Menschen muss klar sein, dass sie nicht wegen jeder Kleinigkeit zu uns kommen müssen, sondern in vielen Fällen die Apotheken, Hausärzte und Permanence-Praxen helfen können», sagte Ribordy im Interview. Eine Zugangsbeschränkung für den Notfall könne helfen.
Jene, die in den Notfall kämen, seien aber das kleinste Problem: «Es braucht vor allem die Anerkennung der Notfallmediziner mit einem Facharzttitel und mehr Personal – auf allen Ebenen. Das zeigt die aktuelle Krise deutlich.»
(SDA)