Die letzten Einzelheiten seines Deals wollte der Pensionär persönlich regeln: Ende November 2019 bestieg der Schweiz-Serbe R. L.* (72) in Kloten ZH ein Flugzeug und jettete nach Peking. Im Gewusel der 20-Millionen-Metropole traf er sich mit Unterhändlern des chinesischen Staatskonzerns Norinco, einem der grössten Waffenhersteller der Welt.
Norinco sollte dem Zürcher eine Offerte für 122-mm-Artellerieraketen unterbreiten. Nicht für ihn selbst, sondern für eine serbische Rüstungsfirma, in deren Auftrag L. nach Peking gereist war. Der Rüstungskonzern hatte den Zürcher als Verbindungsmann engagiert, da er in der internationalen Waffenbranche über beste Kontakte verfügt.
Das Geschäft mit den Chinesen scheiterte schliesslich kurz vor Abschluss. Weshalb, ist unklar. Sicher hingegen ist: Die Vermittlungstätigkeiten von L. waren illegal. Die Bundesanwaltschaft (BA) verurteilte ihn Mitte August wegen Verstosses gegen das Kriegsmaterialgesetz.
Sowjetische Boden-Luft-Raketen
Aus dem Strafbefehl der BA geht auch hervor, dass L. in weitere Waffendeals verwickelt war. Für die gleiche serbische Rüstungsfirma versuchte er bereits 2020, insgesamt 130 Flugabwehrkanonen zu beschaffen. Damals bat er den Generaldirektor eines belarussischen Waffenkonzerns per E-Mail, ihm eine Offerte für eine «grosse Stückzahl» von sowjetischen Boden-Luft-Raketen des Typs 9K32 Strela zu unterbreiten. Um das Import-Zertifikat nach Serbien würde er sich persönlich kümmern.
Raketen des gleichen Typs wollte der Zürcher auch in Bulgarien beschaffen. Laut Bundesanwaltschaft arbeitete er dort auf die «verbindliche Kaufofferte» eines Waffenherstellers hin.
Warum gleist ein 72-jähriger Mann von der Goldküste internationale Waffendeals auf? Der Fall ist mysteriös. Viel ist über L. nicht bekannt. Er studierte in Belgrad und ist bis heute Verwaltungsrat einer Schweizer Firma, die nicht im Rüstungsgeschäft tätig ist. In den Verhandlungen mit den Grosskonzernen trat er jedoch stets als Managing Director dieser Zürcher Firma auf.
«Wissentlich und willentlich» gehandelt
Seine Rolle als Verbindungsmann bestreitet er nicht. Gegenüber SonntagsBlick betont er aber, dass in keinem der Fälle ein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Auch Geld sei nie geflossen. «Um weitere Zeit- und Geldverschwendung im Verfahren zu vermeiden, habe ich den Strafbefehl der Bundesanwaltschaft akzeptiert», sagt er. Was an seinem Handeln illegal war, versteht er bis heute nicht. Im Gesetz stehe nicht, dass auch eine Vermittlung ohne Vertragsabschluss strafbar sei.
Die Bundesanwaltschaft sieht das anders. Sie sprach L. schuldig. Er habe «wissentlich und willentlich» gehandelt. Die Vermittlung von Kriegsmaterial brauche eine Bewilligung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Auch dann, wenn die Güter nicht über Schweizer Territorium gehandelt werden – und sogar, wenn es am Ende nicht zu einem Vertragsabschluss kommt.
Die Strafe für den Goldküsten-Pensionär fällt trotzdem vergleichsweise mild aus: Er muss eine Busse von 8000 Franken bezahlen und erhält eine bedingte Geldstrafe von 40 000 Franken. Die Probezeit beträgt zwei Jahre.
* Name bekannt