So haben sich die Osterreisenden die Fahrt in den Süden wohl kaum vorgestellt: Fast 19 Kilometer Stau und über drei Stunden Wartezeit vor dem Gotthard-Nordportal – auch wegen sieben Klimaaktivisten, die sich am Karfreitagmorgen gegen 10 Uhr auf der Autobahn festgeklebt haben. Zwar konnten die Gotthard-Kleber innert kürzester Zeit von der Kantonspolizei Uri von der Strasse gelöst werden, doch: «Natürlich hatte die Aktion Auswirkungen auf die Staulänge», sagt Polizeikommandant Thorsten Imhof zu Blick.
Gemäss eigenen Angaben steckt die Schweizer Organisation Renovate hinter der Aktion. Auf Twitter kommunizierte Renovate einzelne Highlights. Das erklärte Ziel: Die Schweizer Regierung soll den Klimanotstand ausrufen.
Reisende reissen Banner weg
Bei vielen Osterreisenden sorgte die Aktion für Frust. «Sonst schon gibt es viel Stau und dann macht man die Leute nur hässig und erreicht gar nichts», sagt René Stillhart (45) aus Dagmersellen LU gegenüber Blick. In einem Video auf dem Twitter-Kanal von Renovate Switzerland ist zu sehen, wie eine Frau zu den Aktivisten stürmt und ihnen die Banner aus den Händen reisst. Im Hintergrund sind hupende Autos zu hören. Auf einem Bild wiederum ist ein Mann zu sehen, der gerade ein Banner wegkickt.
Andere Reisende wiederum hatten Verständnis für die Anliegen der Klimakleber, so etwa Stéfanie (44) aus Mülhausen (F): «Es nervt ein wenig, aber wir können es verstehen.»
Verhört und angezeigt
Die Aktivisten konnten von der Polizei nach rund vierzig Minuten von der Autobahn gelöst und weggeschafft werden. Sie wurden auf den Polizeiposten gebracht. Laut Polizeikommandant Imhof wurden sie dort verhört und zur Anzeige gebracht.
Nach der Festnahme der Aktivisten meldet sich Renovate Switzerland selbst nochmals auf Twitter: Den Demonstranten gehe es «nach der sehr emotionalen Situation auf der A2 gut». Sie würden auf ihre Freilassung warten. Am späteren Freitagnachmittag waren die involvierten Aktivisten auch schon wieder auf freiem Fuss.
Mega-Stau kurz vor Aktion
Zwar führte die Klimaaktion zu einer Verlängerung des Staus. Angespannt war die Lage am Gotthard-Nordportal aber bereits seit Mittwoch, als der Osterverkehr anrollte. Auch da mussten die Autofahrer gemäss TCS zeitweise mit sechs Kilometer Stau und somit mit einem Zeitverlust von bis zu einer Stunde zu rechnen.
Ähnlich ging es am Gründonnerstag weiter: kurz vor 16 Uhr meldete der TCS zwischen Erstfeld UR und Göschenen UR neun Kilometer Stau – Wartezeit: eine Stunde und 30 Minuten.
Auch am Karfreitagmorgen – wenige Stunden vor der Klimaaktion – stauten sich die Fahrzeuge gemäss dem TCS bereits kurz nach 6 Uhr zwischen Raststätte Gotthard und Göschenen auf zehn Kilometern. Kurz vor der Aktion erstreckte sich der Mega-Stau auf 15 Kilometer.
Staurekord noch nicht gebrochen
Bezüglich der Rückreise in den Norden rechnet der TCS vor allem am Ostermontag mit Behinderungen – insbesondere zwischen 12 und 20 Uhr. Auch am Dienstag könne es zwischen 12 und 20 Uhr noch Wartezeiten geben.
Der Verkehrsinformationsdienst Viasuisse rechnet für dieses Jahr mit Verkehrsspitzenwerten. Der Grund: Die Frühlingsferien fallen – anders als im Vorjahr – in zahlreichen Kantonen und einigen deutschen Bundesländern auf das Osterwochenende.
2022 hatte Viasuisse an Ostern den zweitlängsten Stau seit der Eröffnung des Gotthard-Tunnels 1980 registriert. Damals wurde am Karfreitag eine Staulänge von 22 Kilometern verbunden mit einer Wartezeit von dreieinhalb Stunden verzeichnet. Diese Staulänge wurde nur 1998 übertroffen: Damals sorgte ein heftiger Wintereinbruch für chaotische Zustände am Gotthard und 25 Kilometer Stau.