In Wohlen AG geht man neue Wege – und will die Feierlichkeiten auch für Muslime attraktiv machen. Konkret geht es mal wieder um die Wurst. Seit den 60er-Jahren verteilt die Kammergesellschaft Wohlen AG, die Organisatorin des Festes, nämlich gratis Wienerli. Wie BLICK-Recherchen jetzt zeigen, werden ab der nächsten Fasnacht im Februar 2019 die Schweine-Würstchen nun durch Geflügelwürste ersetzt.
Besonders in den Schulen sei in den letzten Jahren immer wieder die Frage aufgetaucht, wie man mit muslimischen Kindern an der Fasnacht umgehen solle. «Und uns fällt kein Zacken aus der Krone, wenn wir auf Poulet umstellen», sagt Vorstandspräsident Peter Michel (52). Die Würstchen würden bei einer lokalen Metzgerei produziert – und hätten sämtliche Geschmackstests bestanden. «Die schmecken genau so gut», meint der Fasnächtler.
Nicht der erste Wurst-Streit
Michel ist sich bewusst, dass die Neuerung für einen Wienerli-Wirbel sorgen wird, bleibt aber bei seinem Entscheid: «Wir wollen die Fasnachts-Tradition am Leben halten und möglichst viele Leute ansprechen.» Dass nun bei den Wienerli komplett auf Schweinefleisch verzichtet wird, also auch für nicht-muslimische Festbesucher, habe vor allem praktische Gründe: «Es geht darum, Verwechslungen vorzubeugen.» Ausserdem sei es aufwendiger, zwei verschiedene Sorten anzubieten.
Jean-Pierre Gallati (52), SVP-Fraktionschef im Aargauer Grossen Rat, ist sauer über die Pouletwurst an der Fasnacht seiner Heimatgemeinde: «Ist denn schon wieder 1. April?», fragt er. In der «Halal»-Fasnacht sieht er eine «Kapitulation vor der Islamisierung». Fasnacht habe einen ganz klar christlichen Hintergrund. «Dass man sich wegen des Besucherrückgangs jetzt den Muslimen anbiedert, ist dumm. Das kann nicht die Lösung sein.» Schon in der Wohler Badi habe man auf Pouletwürste umgestellt. «Das geht doch zu weit!»
Wienerli-Wirbel nach Cervelat-Verbot
Nicht zum ersten Mal gehts im Aargau um die Wurst. Im Sommer löste etwa SVP-Nationalrat Andreas Glarner (56) eine polemische Debatte über ein Cervelatverbot an einer Schule aus. Am Schluss spendete der SVP-Politiker 2000 der Nationalwürste (BLICK berichtete).
Wohlens Kammergesellschafts-Chef Michel bleibt aber dabei: «Vor allem die Jüngsten haben eine Riesenfreude am Wienerli-Brauch. Lassen wir die Kinder also Kinder sein. Der Rest ist wurst.»