Eigentlich will Anastasija Frieden (31) aus Aeschi SO den Pfingstmontag entspannt ausklingen lassen. Doch plötzlich klopft etwas gegen die Scheibe auf ihrer Terrasse. Die 31-Jährige bekommt zuerst einen Schrecken. «So einen Vogel habe ich noch nie gesehen. Ich habe gedacht, dass er aus einem Zoo ausgebrochen ist», sagt sie zu Blick.
Das Aussehen des Vogels ist in der Tat aussergewöhnlich. Kein Wunder: Es handelt sich um einen Waldrapp. Unverkennbar sein feuerroter, langer Schnabel, sein schimmerndes Gefieder und die dazugehörige «Glatze».
Langsam näherte sich die 31-Jährige dem Vogel, um ihn genau zu betrachten. Und auch der Waldrapp wirkte interessiert – und wie. «Er war ganz zutraulich. Ich habe ihm Wasser hingestellt und schliesslich konnte ich ihn sogar streicheln. Ich hatte anfangs etwas Angst, besonders wegen des grossen Schnabels. Aber der Vogel war sehr lieb», berichtet Frieden.
Waldrapp wieder in Europa ansiedeln
Einst war das Tier weit verbreitet und sein Anblick keine Seltenheit. Heute ist das anders. Die gnadenlose Jagd machte ihm aber fast den Garaus. Zum Schluss lebte er nur noch in einigen Tälern. Zu Beginn des 17. Jahrhundert verschwand er in Zentraleuropa ganz. Inzwischen gibt es mehrere Projekte, um den Waldrapp zu retten und wieder anzusiedeln. Einer davon: der Waldrapp in Aeschi. Denn als Frieden den Vogel streichelt, bemerkt sie eine Art Sender auf seinem Rücken.
Insgesamt fünf Stunden blieb der Waldrapp auf der Terrasse von Anastasija Frieden. «Er stolzierte immer wieder der Scheibe entlang, pickte hin und wieder gegen das Glas und kam dann wieder zurück zu uns. Er schien die Aufmerksamkeit zu geniessen», so die Solothurnerin. Dann machte er auf einmal den Abflug und verschwand so plötzlich wie er gekommen war. Die Begegnung wird sie nicht so schnell vergessen. Frieden: «Es war wirklich aufregend.» Und sie hofft, dass ihr der seltene Vogel wieder einmal einen Besuch abstattet. (jmh)