Mädchen (7) verschwindet in der Reuss – trotz Schwimmweste
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Schlauchboot gekentert:Kind (7) verschwindet in der Reuss bei Mülligen AG

Vater über Schlauchboot-Drama um Kimberly (7) in der Reuss bei Mülligen AG
«Wir möchten einfach, dass sie gefunden wird»

Es sollte letzten Sonntag ein schöner Ausflug auf der Reuss bei Mülligen AG werden. Doch die fünfköpfige Familie kracht mit ihrem Schlauchboot in einen Baum und kentert. Alle werden gerettet – ausser Kimberly (7). Sie ist bis heute vermisst. Ihr Vater hat kaum Hoffnung.
Publiziert: 09.09.2021 um 13:12 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2021 um 09:47 Uhr
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Nebst etlichen Einsatzkräften suchte auch ein Helikopter die Reuss bei Mülligen AG nach Kimberly (7) ab.
Foto: Blick-Leserreporter
Ralph Donghi

Es ist ein schreckliches Drama, das sich letzten Sonntag auf der Reuss bei Mülligen AG abgespielt hat: Ein Schlauchboot, besetzt mit einer fünfköpfigen Familie, kollidiert kurz vor 16 Uhr mit einem Baum und kentert. Die Eltern und zwei ihrer Kinder können mit vereinten Kräften gerettet werden. Doch das dritte Kind wird nicht mehr gefunden.

Blick-Recherchen zeigen: Die Familie wohnt im Bezirk Brugg AG – und bangt bis heute um ihr Töchterchen Kimberly* (7). «Ich glaube jedoch, dass sie nicht mehr lebt», sagt ihr Vater Phil T.* (43) wenig hoffnungsvoll in einem Gespräch. Und ergänzt: «Wir möchten einfach, dass sie gefunden wird.»

Mit wir meint Phil T. auch seine Frau (42) und die beiden Söhne (10 und 12), die alle auf dem Boot mitfuhren. «Wir waren damit schon etliche Male auf der Reuss.» Auch letzten Sonntag hätten sie mit dem Boot kurz nach 13 Uhr wieder einmal von Mellingen AG nach Windisch AG fahren wollen. «Das Boot war in Ordnung, und wir hatten alle Schwimmwesten an», sagt er.

Mit voller Wucht gegen Baum geprallt

Dann passiert es. «Wir waren in knietiefem Wasser unterwegs, als es uns plötzlich in Richtung eines im Wasser liegenden Baumes zog», so Phil T. «Der Sog hat sich geändert und war an dieser Stelle plötzlich so stark, dass wir nichts mehr tun konnten.» Das Boot sei «innert Millisekunden» mit voller Wucht gegen den Baum geprallt. «Wir wurden quasi unter den Stamm gezogen und fielen alle ins Geäst beziehungsweise ins Wasser.» Er, seine Frau und seine beiden Söhne hätten sich «nur mit grösster Mühe» und dank der Hilfe einer Drittperson retten können.

Und Kimberly? Phil T. weint. Hält die Hände vors Gesicht. Und sagt dann: «Ich habe sie noch gesehen. Hab gesehen, wie sie vom Sog gegen unter dem Wasser liegende Äste gedrückt wurde. Der war an der Stelle so stark, weil es Äste von mehreren Bäumen waren. Sie wurde dann so heftig runtergezogen, dass nicht mal ihre Schwimmweste sie über Wasser halten konnte.»

Vater riskierte sein Leben für seine Tochter

Für die geretteten Familienmitglieder beginnt die schlimmste Zeit ihres Lebens. «Ich habe nach dem Aufprall sofort versucht, zurück zum Baum zu kommen, um ins Wasser zu steigen. In der Hoffnung, sie noch rechtzeitig retten zu können», sagt Phil T. Er zeigt die Kratzer an seinen Armen, die er von seinen Suchaktionen rund um den Baum davongetragen hat.

Sie hätten alles gegeben, sie noch zu finden, haben es aber trotz vereinter Kräfte nicht geschafft. Auch Passanten sowie Böötler und dann auch die Polizei halfen mit – vergebens. Später wurden auch Taucher und ein Heli aufgeboten. Zwei Tage lang wurde nach Kimberly gesucht – dann wird die Suche eingestellt.

Phil T. und seine Familie quält nun die Ungewissheit, aber: «Trotz des tiefen Schmerzes bin ich stolz auf meine Buben, die ganz tapfer sind. Wie auch meine Frau.» Er selber frage sich immer wieder: «Was hätte man tun können, um einen solchen Unfall zu verhindern?»

Grosses Dankeschön an Einsatzkräfte und ans Care Team

Einen Wunsch für die Zukunft hätte Phil T.: «Es wäre schön, wenn Bäume, die in die Flüsse fallen, möglichst bald zersägt würden.» Beim Unfallbaum habe man dies inzwischen gemacht. Er findet zudem: «In Anbetracht der vielen Boote, die dort durchfahren, wären vielleicht einige Warnschilder vor gefährlichen Stellen sinnvoll.»

Schliesslich möchte sich Phil T. bei allen Menschen bedanken, die ihm und seiner Familie beim und seit dem Unfall zur Seite gestanden haben: «Alle beteiligten Einsatzkräfte haben ihr Bestes gegeben. Ein ganz grosses Dankeschön gehört auch dem Care Team, das für uns den ganzen Abend da war. Jetzt hoffen wir ganz fest, dass wir irgendwann wenigstens noch von Kimberly Abschied nehmen können.»

*Namen geändert

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