«Nackt wäre ich weniger aufgefallen»
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Trotz gültiger Maskendispens:«Nackt wäre ich weniger aufgefallen»

Solothurner Coop wirft den Autisten Stephan Sembinelli (47) raus – trotz Maskendispens
«Nackt wäre ich weniger aufgefallen»

In den Läden im Kanton Solothurn ist die Maske seit Anfang September Pflicht. Autist Stephan Sembinelli (47) kann laut Medizinern keine tragen. Den Grossverteiler Coop interessiert das wenig. Bis BLICK nachfragte.
Publiziert: 16.09.2020 um 22:53 Uhr
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Stephan Sembinelli (47) ist Autist und hat deshalb ein Maskenattest.
Foto: Helena Schmid
Helena Schmid

Ganz normal einkaufen gehen. Gemütlich. Ohne Bedenken. Für Stephan Sembinelli (47) aus Welschenrohr SO kaum möglich. Betritt er einen Laden, wird er angefeindet. Vom Personal sogar weggeschickt. Denn Sembinelli ist Autist und kann keine Maske tragen. Nur: In den Läden im Kanton Solothurn gilt seit dem 3. September eine Pflicht dazu.

Zwar hat Sembinelli ein Maskenattest der Uniklinik Bern. Die Verkäufer scheint das aber wenig zu interessieren. Ein Besuch im Coop Matzendorf SO vergangene Woche endete gar in einer Diskussion mit der Filialleiterin. «Ich erklärte ihr, dass ich ein Attest habe. Doch sie wollte es gar nicht sehen, sondern mich gleich aus dem Laden schicken», erinnert sich Sembinelli.

Maske kann Stress und Panik auslösen

Er habe noch versucht, ihr zu erklären, dass sie mit dieser Dispens eine Ausnahmen machen müsse. Doch die Frau liess sich nicht beirren. Sembinelli: «Ich glaube, ich hätte weniger Aufmerksamkeit erweckt, wenn ich splitterfasernackt eingekauft hätte.»

Eigentlich sind Maskendispensen dazu da, genau solche Situationen zu vermeiden. Doch es gibt in der Schweiz Corona-kritische Ärzte, die Atteste an jene ausstellen, die aus Prinzip keine tragen wollen (BLICK berichtete). Obwohl sie eigentlich keine Beschwerden haben.

Autisten wie Stephan Sembinelli aber leiden, wenn sie eine Maske tragen müssen. Der Dachverband Behindertenorganisationen Schweiz warnt: «Bei Menschen mit Autismus kann eine Maske Stress und Panik auslösen.»

Immer wieder Anfeindungen – trotz Attest

Personen mit Beeinträchtigung müssen trotzdem mit bösen Blicken und Pöbeleien rechnen. «Leider sind uns solche Fälle bekannt», sagt Marc Moser vom Dachverband. Besonders das Verkaufspersonal sei auf Menschen mit Beeinträchtigungen zu wenig sensibilisiert.

Für Sembinelli ein Spiessrutenlauf. «Eine ähnliche Situation erlebte ich auch im Volg. Dort entschuldigte sich die Geschäftsleitung aber im Nachhinein.»

Coop wiederum habe zunächst gar nicht auf seine Reklamation per Mail reagiert. Nach zwei Tagen und einer weiteren Nachricht schreibt der Grossverteiler: «Coop ist gesetzlich verpflichtet, im Kanton Solothurn die Maskentragepflicht umzusetzen.» Kunden, die keine Maske anziehen, würde man bitten, die Verkaufsstelle zu verlassen.

«Das ist Diskriminierung»

Sembinelli ist entsetzt: «Das ist eine Diskriminierung von jenen Menschen, die wirklich keine Maske tragen können!»

Als jedoch BLICK Coop mit den Vorwürfen konfrontiert, schlägt der Grossverteiler einen ganz anderen Ton an: «Personen mit einer Maskendispens dürfen unter Vorweisen des Attests selbstverständlich bei Coop einkaufen.» Man habe schlicht nicht gewusst, dass Sembinelli ein Attest habe.

In der Zwischenzeit hat sich immerhin etwas getan. Nachdem BLICK bei Coop nachgefragt hat, ging Sembinelli am Dienstag wieder einkaufen. Siehe da: «Plötzlich war das Personal wieder sehr hilfsbereit und nett. Die Maske war kein Thema mehr.»

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