Dass es am 1. August laut wird, ist man in der Schweiz gewohnt. Doch für Aisha (16) und Rihanna (17) war sofort klar, dass der Knall, den sie Freitagmorgen um 0.45 Uhr in Rüttenen SO hörten, nichts mit dem üblichen Feuerwerk zu tun hat. «Wir dachten zuerst, das sei ein Unfall. Als wir die Flammen im Nachbarhaus sahen, sind wir sofort losgerannt», erzählt Aisha im Gespräch mit Blick.
Während Aishas Mutter die Feuerwehr alarmierte, retteten die beiden jungen Frauen mehrere Bewohner aus dem brennenden Mehrfamilienhaus. Rihanna erzählt: «Wir haben uns aufgeteilt und sind von Tür zu Tür klopfen gegangen. Wir wussten ja nicht, ob und wo noch Menschen in den Wohnungen sind.» Als rund zehn Minuten später die Feuerwehr eintraf, haben Aisha und Rihanna ein halbes Dutzend Menschen aus dem brennenden Haus gebracht. «Eine Frau hatte eine Panikattacke. Ich habe mit ihr und den anderen draussen gewartet, während Rihanna noch mal rein ist», so Aisha.
«Was, zum Teufel, ist hier explodiert?»
Angst hatten Aisha und Rihanna während ihrer heldenhaften Aktion nicht: «Wir waren vollgepumpt mit Adrenalin. Wir haben nur an die Menschen und Tiere gedacht, die da vielleicht noch drin sind.» Einen Tag nach dem Brand ist den beiden aber bewusst, wie gefährlich das Ganze war. «Während wir im Haus waren, gab es immer wieder kleinere Explosionen. Die Trümmerteile und Glasscherben hat es teilweise bis zur Hauptstrasse geschleudert. Und natürlich der ganze Rauch. Das hätte auch schiefgehen können.» Während sie das grosse Loch in der Wand betrachten, fragen sich die beiden: «Was, zum Teufel, ist hier explodiert?»
Die Frage kann auch Bruno Gribi, Mediensprecher der Kantonspolizei Solothurn, noch nicht beantworten. «Was genau die Explosion und den Brand ausgelöst hat, wird noch ermittelt.» Ebenso stehe auch die Identifikation des Opfers noch aus. «Die Leiche befindet sich aktuell bei der Rechtsmedizin, um die Identität und die Todesursache herauszufinden.»
Aisha und Rihanna wegen Todesopfer geschockt
Als Aisha und Rihanna am folgenden Morgen erfuhren, dass beim Brand jemand gestorben ist, waren sie geschockt. Aisha kennt den Mann, der in der explodierten Wohnung lebte: «Er war immer sehr freundlich.» Ein weiterer Anwohner habe wegen der Explosion seine Wellensittiche verloren. «Er hat uns erzählt, dass seine Vögel vor Schreck einen Herzinfarkt hatten und einfach umgekippt sind.»
Dennoch ziehen die jungen Frauen auch etwas Positives aus der Geschichte. «Es war schön zu beobachten, wie plötzlich das ganze Dorf zusammensteht und sich gegenseitig hilft.» Die Geretteten dürften Aisha und Rihanna dankbar sein. So etwa Annemarie H.*: «Ich habe nur ganz dumpf einen Knall und ein Klirren gehört. Und dann plötzlich eine junge Frau, die an meine Tür hämmert und ruft: ‹Raus, raus, es brennt!› Wer weiss, was ohne die beiden sonst noch passiert wäre.»
* Name geändert