Das höchste Gericht der Schweiz debattiert über Beinhaare. Genauer gesagt über ihre Länge. Was skurril tönt, war tatsächlich Mittelpunkt eines komplizierten Gerichtsverfahrens.
Im Juni 2021 erwischte die Polizei einen Mann aus dem Kanton Solothurn während einer Trunkenheitsfahrt, wie die «Solothurner Zeitung» berichtet. Dem Autofahrer wurde der Fahrausweis wegen einer Atemalkoholkonzentration von 0,82 mg/l, zirka 1,6 Promille, entzogen. Ausserdem ordnete die Motorfahrzeugkontrolle (MFK) eine verkehrsmedizinische Abklärung an.
Zu wenige Haare auf dem Kopf
Die Untersuchung umfasst auch eine Haaranalyse. Dies ging dem Mann gehörig gegen den Strich. Weil er zu wenige Haare auf dem Kopf hatte, musste der Solothurner am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich widerwillig eine Probe seiner Beinhaare abgeben. Gestützt auf das Ergebnis entzog die MFK dem Fahrer den Ausweis wegen mangelnder Fahreignung auf unbestimmte Zeit. Denn: Eine Haaranalyse kann sowohl übermässigen Alkoholkonsum als auch die Einhaltung einer Abstinenzverpflichtung belegen.
Der Beschuldigte stellte die Frage, ob Beinhaare in einer solchen Untersuchung überhaupt verwendet werden dürfen – und zog vor das Solothurner Verwaltungsgericht. Ohne Erfolg – die Beschwerde wurde abgewiesen und lag jetzt dem Bundesgericht vor. Dieses beantwortete die Frage des Beschwerdeführers mit «Ja», wie die «Solothurner Zeitung» berichtet.
«Starker, chronischer Alkoholkonsum»
Tatsächlich bevorzuge man zwar Kopfhaar in einer Länge von drei bis fünf Zentimeter. Fehle solches, könne man aber auch auf Bart-, Bein- oder Brusthaare zurückgreifen, heisst es aus Lausanne. Im Fall des Solothurners waren es Beinhaare «bis drei Zentimeter», zitiert die «Solothurner Zeitung» die Ausführungen des Bundesgerichts. «Die Resultate geben direkten Aufschluss über den Alkoholkonsum eines Probanden während einer bestimmten Zeit», sagen die Lausanner Richter.
Die Probe des Beschwerdeführers spricht für einen, «im zeitlichen Durchschnitt, starken, chronischen Alkoholkonsum zumindest im Zeitraum der letzten vier bis acht Monate» vor der Haarentnahme.
Das Bundesgericht wies die Beschwerde des Solothurners ab. Zudem muss er für die Gerichtskosten von 3000 Franken aufkommen. Wenn er könnte, würde er sich wohl die Haare raufen. (ene)