Emine Colak (39) aus Gunzgen SO kann auch eine Woche später noch nicht fassen, was ihr kurz vor der Bushaltestelle Kreuz in Kappel SO passiert ist. «Ich wollte an jenem Dienstag nur zur Arbeit fahren», erzählt die Mitinhaberin der Pizzeria Delal in Rickenbach SO. Doch dort kommt sie nicht rechtzeitig an.
Gegen 10.15 Uhr geschieht es. «Ich fuhr nach der Baustelle hinter zwei Autos her, die auf einmal kurz anhielten und dann weiterfuhren. Plötzlich schlug ein Mann mit blutigen Händen rechts gegen meine Autoscheiben!», erzählt Colak. «Er war voller Blut, man konnte nicht einmal sein Gesicht erkennen.»
«Er schrie vor Schmerzen»
Sie ist schockiert, hält an, will aussteigen und ihn fragen, was los ist. Aber: «Als ich die Türe öffnete, öffnete er die Beifahrertüre, setzte sich auf den Beifahrersitz und schrie vor Schmerzen.» Die Türkin erschrickt. «Ich wusste ja nicht, was passiert war. Er hat nur gesagt: Bitte Spital!»
Sie sei rechts rangefahren und ausgestiegen. «Da kam bereits eine Dame, die sagte, sie wähle den Notruf», so Colak. «Ich habe dann dem Mann geholfen, auszusteigen.»
Pfefferspray und Messer im Spiel?
Als er «endlich» aus dem Auto gewesen sei, habe sie ihm eine Jacke gegeben. «Er war unruhig», sagt Colak. Sie habe ihm geraten, sich zu setzen, falls er ohnmächtig werden sollte.
Dann habe der Mann «Spray, Frau, Messer» gesagt. «Da wurde mir bewusst, was passiert sein könnte», sagt Colak. «Weil er weiter zitterte, habe ich ihm auch noch eine Decke gegeben.»
Emine Colak vermutet «viele Messerstiche»
Es folgt der nächste Schock. «Als ich ihm die Decke umlegen wollte, habe ich gesehen, dass sein Hinterkopf aufgeschlitzt war», sagt Colak. Zudem sei sein Rücken voller Blut gewesen. Sie glaubt: «Er muss mehrfach mit einem Messer verletzt worden sein.»
Nach gut zehn Minuten sei die Ambulanz gekommen. «Ich und die Dame haben dem Mann noch über die Strasse zu ihr hin geholfen», sagt Colak. Sie sei vor Ort von der Polizei befragt worden. Und später nochmals, nachdem sie das blutige Handy des Verletzten im Fussraum gefunden und es auf den Posten gebracht hatte.
Das gute Gefühl, geholfen zu haben
«Ich weiss bis heute nicht, was mit dem Mann passiert ist», sagt Colak. Die Polizei ging letzte Woche «von einer Gewalttat» aus. Laut Blick-Recherchen wurde in einem nahen Mehrfamilienhaus mindestens eine Person verhaftet.
Staatsanwaltschaft hat Verfahren eröffnet
Die Solothurner Staatsanwaltschaft spricht auf Nachfrage sogar von drei festgenommenen Personen. «Sie befinden sich mittlerweile in Untersuchungshaft», sagt Sprecherin Sophie Baumgartner. Es handelt sich dabei um zwei Schweizer (beide 55) und eine Schweizerin (39). «Aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen können zum Tatablauf und zum weiteren Vorgehen zum jetzigen Zeitpunkt keine näheren Angaben gemacht werden.» Es wurde ein Verfahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung eröffnet.
Die gute Nachricht: Der Verletzte, der laut Blick-Informationen ein 50-jähriger Auswärtiger sein soll, konnte das Spital bereits wieder verlassen. Was er in Kappel wollte, ist noch unklar.