Am Nachmittag steht ein portugiesisches Ehepaar aus Aarburg AG vor Gericht in Zofingen AG. Der Grund: Ehefrau Carla S.* (33) soll ihren Mann Helder A.* (38) 2016 dazu angestiftet haben, ihre beiden Hunde loszuwerden. Die damals im fünften Monat Schwangere soll seit Wochen mit ihren Rehpinschern Rockie (†3) und Junior (†7) völlig überfordert gewesen sein. Vor Gericht jammert die 33-Jährige, weint laut. Sie möchte sich nicht mehr an die Vergangenheit erinnern. Nur: «Ich hatte die Hunde sehr gerne. Und es tut mir sehr leid, was alles passiert ist.»
Das Gericht lässt sich nicht durch die Tränen täuschen, hakt nach. Dann sagt Carla S.*: «Als ich schwanger war, hielt ich den Gestank nicht mehr aus.» Sie habe sich aber sonst immer gut um die Tiere gekümmert.
Staatsanwalt korrigiert die Straf-Forderung
Vor Gericht präsentiert sich ihr Ehemann, Helder A., ruhig und emotionslos. Er spricht von einem «Verzweiflungsakt». Sekunden später fügt er kalt an: «Ich warf sie einfach rein und ging.» Er sei nach der Tat einfach schlafen gegangen. Seine Anwältin forderte: Er sei zu einer bedingten Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu 30 Franken und eine Busse von 1000 Franken zu verurteilen.
Ausführungen, von denen die Staatsanwaltschaft wenig hält. «Ihr Mann hat die Hunde auf elende Weise kaltblütig ertränkt. Sie hatten keine Chance!», heisst es vom Staatsanwalt. Die beiden seien getrieben worden von einem «skrupellosen Charakter». Die Strafforderung: Für Helder A. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Davon solle ein Jahr unbedingt ausgesprochen werden. Und für Carla S.? In der Zwischenzeit erhöhte der Staatsanwalt das geforderte Strafmass: Er fordert neu 16 Monate Freiheitsstrafe bedingt und eine Busse von 2500 Franken für sie.
Kurz vor der Urteilsverkündung merken die Beiden, dass es ernst wird. Es fallen Sätze wie «Ich möchte mich entschuldigen» und «Ich bedauere …». Das Urteil wird um 20.30 Uhr erwartet.
Tierschützer sind geschockt
Auf dieses Warten auch zahlreiche Tierschützer: Sie demonstrierten am Nachmittag vor dem Hunde-Prozess. Mit Plakaten forderten sie: Höchststrafe für die Tierquälerei! Und: Ganze Familie ausschaffen!
Die Tat schockierte sie: «Diese schreckliche Tat hat nicht nur den Nerv aller Tierliebhaber getroffen», sagt der Zürcher Tierschützer Kurt Amsler (71) zu BLICK. Der Gründer von «Animal Rights» hat zudem zwei Online-Petitionen lanciert. Mit Erfolg: «Es gab unzählige Kommentare. Und wir haben über 30’000 Unterschriften gesammelt.»
Gestank und Gebell nicht ertragen
Amsler will festhalten: «Es geht bei unserer Aktion nicht primär darum, das Gericht unter Druck zu setzen. Es geht vielmehr darum, dass ein solcher Fall in allen Medien und im Internet weiter die Runde macht. Und nicht vergessen geht!» Denn, so Amsler, «eine negative Publizität schreckt – dies zeigen Statistiken – potenzielle Tierquäler mehr von solchen Taten ab als die zum Teil lächerlichen Gerichtsurteile». Dennoch hofft Amsler, «dass es beim Hundetöter diesmal die Höchststrafe von drei Jahren gibt».
Es ist spontan passiert
Hunde-Mörder Helder A. zeigt sich vor Gericht geständig. Seine Meinung zum Fall: «Es gab keine andere Lösung. Ich hatte verschiedenen Leuten die Hunde angeboten. Ich habe sogar ein Heim gefragt, aber das hatte keinen Platz.» Geplant sei der Tod der Hunde aber nicht gewesen. In der Anklageschrift klingt es ganz anders. Hier heisst es explizit: «Bei der Tötung der Hunde ging der Beschuldigte planmässig vor.»
Und so lief die schreckliche Tat ab: Am 17. September 2016 klaute er bei seiner Arbeit zwei Stahlrohre, beide über 4 Kilogramm schwer. Einen Tag später, am Abend des 18. September, passierte es. Er packte die kleinen Vierbeiner und ging mit ihnen zur nahen Aare. Dann band er sie zuerst mit ihren Hundeleinen an je ein Stahlrohr und fixierte das Ganze mit Kabelbindern – damit sich die Leinen nicht von den Halsbändern lösen konnten. Dann warf der Schlosser die Hunde nacheinander ins Wasser. Rockie und Junior wurden danach durch die Stahlrohre unter Wasser gezogen und ertranken qualvoll nach einem minutenlangen Todeskampf. Helder A. zu seiner Tat: «Ich habe das Zeugs mitgenommen und dann ist es spontan passiert.» Über die Qualen der Hunde habe er nicht nachgedacht. Aber er bedauere, was er getan habe.
Sechs Tage später entdeckte ein Spaziergänger die beiden ertränkten Hunde in der Aare – nur drei Meter vom Ufer entfernt. Die Ermittlungen führten zu Carla S. und dem Schlosser. Während sie aussagte, ihr Bruder habe die Hunde abgeholt und wahrscheinlich ersäuft, behauptete anfangs auch Helder A., sein Schwager habe die Tiere abgeholt.
Ehefrau wollte die Tiere loswerden
Später verteidigte sich Carla S., die verhaftet wurde und nach drei Stunden wieder gehen konnte, im Regional-Sender Tele M1. Sie sagte, dass sie nicht gewusst habe, wie das mit den Schweizer Tierheimen laufe. Sie habe die Tiere loswerden wollen, weil sich die Nachbarn immer wieder beschwert hätten. Deshalb habe sie ihren Mann um Hilfe gebeten. Somit sei sie schuld, dass es dazu kam. Nach dem TV-Auftritt soll Carla S. ihren Job im Service verloren haben. Helder A. gab die Tat schliesslich zu – und kam nach mehreren Wochen aus der U-Haft.
Laut Anklageschrift bat sie ihren Mann nicht um Hilfe. Sie setzte ihn massiv unter Druck. Ein paar Tage vor dem Mord an den Hunden sagte sie zu Helder A.: «Wirf sie doch ins Wasser.» Seine Antwort: «Spinnst du?». Irgendwann gab er nach, tötete tatsächlich die armen Tiere.
Unfassbar: Auch der Sohn (14) des Ehepaars ist der Polizei bereits bekannt. Unter anderem wegen Diebstahl. Zudem soll er Anfang Jahr zweimal die Feuerwehr Oftringen AG wegen eines Brands alarmiert haben – obwohl es an den gemeldeten Orten gar kein Feuer gab. Die Behörden haben gehandelt: Der Jugendliche wohnt zurzeit nicht mehr bei seinen Eltern.
*Namen der Redaktion bekannt