Ob im quietschgelben XXL-Tweety-Pullover oder im schwarzen Lack-Anzug: Der Aargauer Gjon Karrica (38) lachte, tanzte und sang sich während der ersten Ausgabe von «Big Brother VIP Kosova» direkt in die Herzen der Albaner weltweit.
Vor rund einer Woche fand das Finale im Kosovo statt. Inzwischen ist Lugati (auf Deutsch am ehesten mit «Nachtgestalt» übersetzbar), wie der Künstlername des Sängers lautet, zurück in der Schweiz. Dass er Teil der Show sein konnte, bedeute ihm viel. «So bekam ich die Möglichkeit, in meine Heimat zu reisen und von dort aus ein grösseres Publikum auf meine Kunst und mich aufmerksam zu machen», sagt Lugati zu Blick. Das gelang ihm auch: Der Mann, der während dem Kosovokrieg als 13-Jähriger mit seinem Bruder in die Schweiz flüchtete, kam so gut an, dass er als Sonnenschein der Sendung bezeichnet wurde und sich als Stil-Ikone etablierte.
Über Wochen der «Big Brother»-Favorit
In den ersten Tagen der Show Anfang Dezember habe er jedoch als «Buhmann» gegolten. «Es lag wohl an meiner etwas eigenen Art und an meinen speziellen Outfits», sagt Lugati. «Ich denke, dass sich manche Leute schwer damit tun, wenn sich jemand nicht ganz klassisch anzieht und verhält. Meine Outfits sind oftmals genderneutral.» Durch seine Kleidung spiele er dann ganz bewusst mit diesem festgefahrenen Denken: «Ich provoziere gerne, um einen Wandel in der Gesellschaft zu bewirken. Mein Ziel: Es soll jeder Mensch als Mensch betrachtet werden – egal, welcher Ethnie oder welchem Gender dieser zugehört.»
Mit der Zeit habe ihn das Publikum jedoch lieben gelernt, Lugati galt in der Show bald als heisser Anwärter für das Preisgeld von 160'000 Euro: «Der Wechsel fand wohl statt, als ich mehr über mein Leben und meine persönlichen Herausforderungen berichtet habe», sagt Lugati. «Auch habe ich vielen Albanern eine andere Art Mann präsentiert: einen sensiblen Gentleman, der für Gleichberechtigung kämpft.»
Doch das Schicksal sollte ihm einen Strich durch die Rechnung machen: «Am 20. Januar – also nach rund eineinhalb Monaten im «Big Brother»-Haus – erlitt ich zweimal innerhalb von wenigen Minuten einen epileptischen Anfall und wurde ins Spital gebracht», sagt Lugati. Als er später zu sich gekommen sei, habe er die «Big Brother»-Show im Spital eingeschaltet. «Über die Moderation erfuhr ich, dass ich nicht mehr Teil davon bin.» Es sei wie ein Schlag ins Gesicht gewesen: «Ich war so enttäuscht, weil mich niemand vorab darüber informiert hatte.»
Albanische Werte «in den Dreck gezogen»
Kurz darauf holte ihn schon die nächste Schocknachricht ein. In den albanischen Medien wurden Gerüchte über seinen Gesundheitszustand gestreut: «Plötzlich wurde auf einem Newsportal behauptet, dass ich an einer Infektionskrankheit leide.» Die Nachricht habe sich wie ein Lauffeuer verbreitet. «Die Gerüchteküche brodelte. Hinzu kamen Behauptungen wie jene, dass ich eine bipolare Störung hätte», sagt Lugati. «Meine Familie und mein Umfeld waren entsetzt, dass die Presse ohne zu zögern Unwahrheiten verbreitete.»
Als sich der Aargauer kurz darauf während eines Gastauftritts in der «Big Brother»-Show in einer traditionellen Tracht zeigte, folgten erneut heftige Anfeindungen. Dies, weil er anstatt des männlichen Kostüms eine Kombination trug, die oben aus einer weiblichen Glitzer-Komponente und unten aus der traditionellen männlichen Hose bestand. «Mit diesem Outfit setzte ich ein Statement für alle Transgender-Personen», sagt Lugati. «Als Künstler wollte mehr Akzeptanz für diese Community erreichen, da ich selbst viele verschiedene Menschen als Freunde habe.» Die Kritiker hingegen, warfen ihm vor, mit diesem Outfit die albanischen Werte und die albanische Tradition in den Dreck gezogen zu haben.
Neue Projekte in Angriff genommen
Die Situation habe sich so hochgeschaukelt, dass ihm nahegelegt worden sei, Polizeischutz in Anspruch zu nehmen. Doch diesen habe er abgelehnt. Rechtliche Schritte habe er dennoch eingeleitet – allen voran gegen die albanischen Medien. Inzwischen ist auf einigen Newsplattformen eine Entschuldigung zu lesen.
Die Kontroverse um seine Person hat Lugati geprägt, wie er sagt: «All das hat mich so verletzt, aber nicht gebrochen. Ich will diese negativen Erfahrungen nun in etwas Positives verwandeln.»