Kaum aus einer fünfjährigen Haftstrafe entlassen, wird ein Eritreer (25) erneut straffällig. Schon wieder steht er vor dem Bezirksgericht. Sein Anwalt plädiert: Es sei «einfach dumm gelaufen». Das Opfer ist tot. Die «Aargauer Zeitung» hat die Gerichtsverhandlung protokolliert.
Der Angeklagte lebt demnach seit 2008 in der Schweiz. Er soll eine Schule im Bezirk Baden bis zur neunten Klasse besucht haben, begann dann eine Lehre als Maler, die er jedoch abbrach. Kurz darauf landete er im Gefängnis. 2018 soll ihn das Bezirksgericht Aarau wegen Raubes, schwerer Körperverletzung und Nötigung zu fünf Jahren Haft verurteilt haben. Zusätzlich sollte er für acht Jahre des Landes verwiesen werden, doch Eritrea lehnt solche Rückführungen ab.
Wenige Monate nach seiner Entlassung soll der Mann erneut eine Straftat begangen haben – wieder am Aarauer Bahnhof. Trotz des Gefängnisaufenthalts zeigte sich offenbar keine Besserung.
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Opfer verstarb nach der Tat
Nun steht er wegen schwerer Körperverletzung, Diebstahls und Drogenkonsums erneut vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, an einem Samstagmorgen im Oktober 2023 am Bahnhofplatz Aarau leere Bierflaschen «vorerst wahllos» herumgeworfen zu haben. Unter Alkohol-, Kokain- und Cannabiseinfluss griff er einen ihm unbekannten Mann an, der zuvor bei den Bänken am Busbahnhof gesessen hatte. Der Vorbestrafte soll ihm gezielt «mit voller Kraft» Bierflaschen ins Gesicht geworfen haben.
Das Opfer fiel zu Boden, stand jedoch wieder auf. Der Täter nahm eine weitere Flasche, rannte auf das Opfer zu, das zurückwich. Er stahl einen Plastiksack aus dem Rucksack des Opfers, warf eine weitere Flasche und floh in die Einsteinpassage. Das Opfer brach kurz darauf zusammen, übergab sich mehrmals und wurde bewusstlos, bevor die Ambulanz eintraf. Es erlitt Brüche des Gesichtsschädels und eine Rissquetschwunde neben der Augenbraue, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt.
Der Beschuldigte konsumiert Drogen «nicht jeden Tag, aber am Wochenende halt», gibt er an. Am Abend der Tat sei er «schon ziemlich betrunken» gewesen. Er räumt ein, dass er bei einem solchen Drogencocktail aggressiv werden könne. Auf die Frage der Gerichtspräsidentin Bettina Keller, was er an diesem Abend am Bahnhof gemacht habe, antwortet er: «Nicht viel, Alkohol getrunken, nachher weiss ich es nicht mehr.» Nur an den Aufenthalt auf dem Polizeiposten könne er sich erinnern. Die Videos, die seine Tat belegen, habe er gesehen, und er gesteht die Tat.
Er habe mit dem gezielten Wurf der Flaschen in Kauf genommen, das Opfer dauerhaft zu verletzen und in Lebensgefahr zu bringen. Durch den Aufprall erlitt das Opfer schwerste Verletzungen und ein Schädelhirntrauma, so ein Gutachten. Drei Monate nach dem Vorfall verstarb das Opfer.
Vollzugsproblem bei der Ausschaffung
Der Blutalkoholwert des Flaschenwerfers lag unter zwei Promille – erst ab diesem Wert kann von verminderter Schuldfähigkeit ausgegangen werden, argumentiert die Staatsanwältin. Er wusste laut eigenen Aussagen, was Drogen in ihm auslösen. «Es passieren immer solche Sachen, wenn ich Kokain konsumiere», sagte er bereits 2018 bei seiner Festnahme.
Wegen seiner «Gleichgültigkeit gegenüber unserer Rechtsordnung» fordert die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, eine Busse von 200 Franken und 20 Jahre Landesverweis. Die Anwältin der Mutter des Opfers fordert sofortige Ausschaffung und eine Genugtuung von 4000 Franken plus Zinsen für die Mutter, die mit einer Dolmetscherin im Nebenzimmer sitzt. Sie sagt: «Wie viele Menschen müssen noch verletzt werden, bis dieser Mann endlich ausgeschafft wird?»
Der Strafverteidiger versucht, die Schuldfähigkeit zu mindern. Sein Mandant habe wegen des Drogencocktails halluziniert und sich weggetreten gefühlt. Zudem könne er sich nicht an die Tat erinnern. Der Anwalt bestreitet den Zusammenhang zwischen dem Flaschenaufprall und dem Schädelhirntrauma, da das Opfer eine neurologische Erkrankung gehabt habe.
Er fordert eine Verurteilung wegen einfacher fahrlässiger Körperverletzung und eine Freiheitsstrafe von nur einem Jahr. Der Afrikaner dürfe nicht ausgeschafft werden, da bereits ein Landesverweis gegen ihn im Raum stehe und es ein Vollzugsproblem bei der Ausschaffung nach Eritrea gebe.
Genugtuung in Höhe von 5000 Franken
Die Staatsanwältin und die Anwältin der Mutter entgegnen, dass die Kausalität zwischen dem Flaschenaufprall und dem Schädelhirntrauma nicht verneint werden könne. Die Körperverletzung sei vorsätzlich geschehen: «Dieser Vorfall war sicherlich kein Unfall.»
Das Gericht verurteilt den Mann wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung, Diebstahls und Drogenkonsums zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, einer Busse von 200 Franken und 20 Jahren Landesverweis. Die Genugtuungssumme für die Mutter des Opfers wird auf 5000 Franken erhöht. Die Gerichtspräsidentin sagt abschliessend zum Verurteilten: «Sie haben in den letzten Jahren fast nur delinquiert. Nutzen Sie das Gefängnis, um etwas zu lernen.»
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