Rollstuhlfahrerin Debbie (28) sucht verzweifelt einen Job
«Mir fehlt jemand, der mir eine Chance gibt»

Seit einem Jahr ist Deborah Bossard aus Leutwil AG arbeitslos. An Motivation mangelt es ihr nicht. Ihr Handicap hat sie nie als Beeinträchtigung angesehen. Doch auf der Suche nach einer neuen Stelle erhält sie nur Absagen.
Publiziert: 24.01.2025 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2025 um 20:39 Uhr
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Deborah Bossard ist im Alltag auf ihren Rollstuhl angewiesen.
Foto: zVg

Auf einen Blick

  • Deborah Bossard sucht verzweifelt Job, trotz Rollstuhl meistert sie Alltag problemlos
  • Ihr Traum ist redaktionelle Arbeit beim Radio, hat Erfahrung im Medienbereich
  • Linkedin-Post ging viral mit fast 1000 Reaktionen und knapp 150 Kommentaren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sandra MeierJournalistin News

Deborah «Debbie» Bossard (28) sucht händeringend einen Job. Vor einem Jahr erhielt die gelernte Kauffrau bei einem grossen Stellenabbau aus wirtschaftlichen Gründen die Kündigung. «In diesem Moment ist meine Welt zerbrochen», sagt sie zu Blick. 

Bossard war schon einmal fast zwei Jahre lang arbeitslos. Das weckt Ängste in ihr. Dabei wirkt die Aargauerin aus Leutwil im Gespräch aufgeweckt. Kämpferisch. Mit langen, erdbeerblonden Haaren, Brille auf der Nase; eine junge Frau mit Hoffnungen und Träumen wie viele andere in den Zwanzigern – nur ihre Beine machen nicht immer mit. Bossard ist im Alltag auf einen Rollstuhl angewiesen.

Seit ihrer Geburt leidet sie an Spina bifida, auch offener Rücken genannt: eine angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Dabei kann es für Betroffene zu Lähmungen kommen. Bossard kann ihre Beine zwar bewegen und auch kurze Strecken laufen. Dann aber überfällt sie eine bleierne Müdigkeit, die Beine beginnen zu zittern. 

Ihren Alltag meistert sie problemlos

«Ich habe mich nie als anders angesehen», sagt sie. Ihren Alltag könne sie mit Rollstuhl so meistern, wie sie wolle. Und Bossard will! Die 28-Jährige fährt Auto, macht Crossfit, bricht wenn immer möglich aus ihrer Komfortzone aus. «Ich kann Dinge mit meiner Behinderung schaffen, die ich früher niemals für möglich gehalten hätte.» Das treibt sie an, Neues zu versuchen. 

Ihr grosser Traum wäre es, bei einem Radio redaktionell im Hintergrund zu arbeiten. Erfahrungen bei einem Medienunternehmen bringt sie mit. Auch im Bereich Social Media hat sie gearbeitet. Doch die Jobsuche verläuft harzig. Eine Absage nach der anderen flattert herein. Bossard passte im vergangenen Jahr ihre Suche an, schraubte ihre Erwartungen herunter, aber: Nicht einmal ein Praktikum sprang bisher für sie heraus. 

«Einige Unternehmen schreiben sich zwar Inklusion auf die Stirn, aber als Rollstuhlfahrerin habe ich trotzdem keine Chance», sagt sie. «Mir fehlt jemand, der mir eine Chance gibt. Was ist der Grund, dass ich es nicht schaffe? Ich wäre motiviert, ich will arbeiten!»

Mit Linkedin-Post geht sie viral

Die Leutwilerin hat eine dringliche Bitte: «Ich wünsche mir, dass die Arbeitgeber offener werden, etwas wagen und herausfinden, was dabei herauskommt. Vielleicht bin ich ja genau die Arbeitskraft, die sie suchen.» Sei es wenigstens für ein Vorstellungsgespräch oder einen Probearbeitstag. Bossard ist überzeugt: Davon könnten beide Seiten profitieren. 

Vor sechs Tagen veröffentlichte die junge Frau auf Linkedin einen Aufruf – mit riesigem Echo: Fast 1000 Reaktionen hat sie darauf erhalten, knapp 150 Kommentare finden sich allein unter dem Post, über 450 Mal wurde er geteilt. «Es ist einfach überwältigend. Ich hätte nie damit gerechnet, dass das so durch die Decke geht», so Bossard. Ein konkretes Jobangebot habe sich zwar noch nicht ergeben, aber sie habe bereits Gespräche geführt. Debbie kämpft weiter. Denn: Aufgeben ist keine Option.

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