Nach einem Hirnschlag im Sommer 2016 lebte die halbseitig gelähmte und auf den Rollstuhl angewiesene Frau (68) in einem Pflegeheim in der Region Baden. Beim Zmorge passierte es: Sie verschluckte sich an einem Gipfeli. Trotz Rettungsversuchen starb sie kurz darauf, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
Die Staatsanwaltschaft machte die Pflegefachfrau, die an diesem Tag für die Frau zuständig war, für den Tod der Seniorin verantwortlich. Sie forderte eine Busse von 1000 Franken, sowie eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten. Am Mittwoch stand die Frau vor dem Bezirksgericht Baden AG.
Die Anklage war davon überzeugt, dass sich die Pflegerin anders verhalten hätte, wenn sie die Einträge der Pflegedokumentation sorgfältig durchgelesen hätte. Ein Kollege hielt nämlich neun Tage vor dem Todestag der Frau fest, dass sie jeweils grossen Hunger habe und ihr Essen regelrecht herunterschlinge. Eine Essens-Aufsicht für die Frau wurde empfohlen – da Erstickungsgefahr bestehen könnte.
Urteil des Bezirksgerichts Baden
Die Anwältin der Tochter der Verstorbenen findet, dass die Pflegerin in diesem Fall ihre Sorgfaltspflicht verletzt habe. Sie hätte damit rechnen müssen, dass die Seniorin ersticken könnte. Die Anwältin forderte einen Schuldspruch und eine symbolische Genugtuung von 100 Franken für die Tochter, schreibt die «Aargauer Zeitung».
Mehr als zwei Tage zurück müssten die Pflegenden den Verlaufsbericht gemäss ihrem Vorgesetzten nicht mehr lesen. Also sei sie nicht verpflichtet gewesen, den fast zwei Wochen alten Eintrag ihres Kollegen zu kennen, erklärte hingegen der Anwalt der Pflegerin. Die Einträge konnte man höchstens als Hinweise einstufen, denn Anweisungen seien es keine gewesen.
Dieser Argumentation folgte auch das Gericht: Die Frau wurde freigesprochen. Die Gerichtspräsidentin begründete, dass sich die Frage, ob der Tod der Seniorin mit püriertem Essen hätte verhindert werden können, mit Nein beantworten lasse. Die Pflegerin habe ihre Sorgfaltspflicht somit nicht verletzt. (lrc)