Normalerweise hat es Torsten Roder (43) beruflich auf der Notfallstation unter anderem mit schwer verletzten Menschen durch Unfälle zu tun. «Jetzt hatte ich selber einen Unfall», sagt der Diplomexperte für Notfallpflege zu Blick. Doch er wusste ganz genau, was er bei plötzlichem Glatteis im Auto tun muss, damit er nicht schwer verletzt wird oder gar stirbt. «Ich hatte zudem Glück und erlitt lediglich eine kleine Schramme am Kopf, eine Prellung am Oberkörper und Schürfungen.»
Passiert ist der Unfall in der Nacht auf Mittwoch, kurz nach Mitternacht, auf der Bruggerstrasse eingangs Bad Zurzach AG. «Ich war vom Spital Limmattal, wo ich arbeite, auf dem Heimweg», so Roder, der mit seiner Ehefrau (41) und seinen beiden Kindern (4 und 12) im grenznahen Küssaberg (D) wohnt.
Spektakulärer Unfall
Da passiert es: «Den Zurziberg hoch ging noch alles gut und es war nicht eisig», erinnert sich Roder. Doch beim Runterfahren, etwa 100 Meter nach einer Kurve, habe er gemerkt, dass es rutschig wird. Das Wetter spielt zu der Zeit verrückt und es gibt Glatteis auf der Strasse.
«Ich wurde völlig überrascht und das Auto fing an, sich zu drehen», sagt Roder weiter. Er sei dann auf der 80er-Strecke mit etwa 70 km/h auf einen Betonpfeiler zugefahren. «Ich wusste wegen meines Jobs, dass ich jetzt meinen Gurt, den ich anhatte, an der Brust festhalten, meine Beine anziehen und mich ganz steif machen muss.» Der Grund: Bei einem Aufprall werde meistens der Motorblock in den Fussbereich gestossen. Roder: «Es gibt dann oft schwere Beinverletzungen.» Und: «Ich wusste, welche Kraft auf mich zukommen wird.»
Roder knallt schliesslich mit seinem roten 1984er VW Golf CL, der keinen Airbag hat, in den Betonpoller am Strassenrand. «Nach dem Aufprall überschlug es mich und ich landete mit dem Wagen auf dem Dach», sagt Roder. Dann dreht sich der Golf laut Kantonspolizei Aargau «mehrmals um die eigene Achse» und kommt schliesslich auf dem Dach zum Stillstand. «Ich dachte an nichts, habe nur funktioniert und sofort den Gurt gelöst.»
Roder fällt aus dem Gurt und stösst die Tür auf. Er weiss: Das Auto könnte jederzeit anfangen zu brennen. «Ich hatte bereits Benzin gerochen und war an den Kleidern auch nass davon.»
Plötzlich rutscht ein anderes Auto daher
Er habe seine Beine schon draussen gehabt. Doch da kam die nächste Gefahr: Roder sah, dass ein Auto – ebenfalls wegen des Glatteises – ins Rutschen und auf ihn zukam. «Ich zog meine Beine wieder rein und das Auto touchierte meinen Golf, der nochmals weitergeschoben wurde», sagt er. Laut der Kapo Aargau war es «mutmasslich ein grauer Volvo», dessen Lenker sich entschied, weiterzufahren, und am Donnerstag immer noch gesucht wird.
Und Roder? «Als ich rauskroch und merkte, dass ich kaum Blessuren habe, war ich schon erleichtert.» Er habe vorsichtshalber den Feuerlöscher, den er im Golf gehabt habe, rausgenommen. Die Polizei und die Ambulanz seien rasch da gewesen. Roder wurde in ein Spital gebracht. «Nach ein paar Stunden habe ich mich dann selbst entlassen, weil ich nach Hause zu meiner Familie wollte.» Natürlich sei auch sie sehr froh darüber, dass ihm nichts Schlimmeres widerfahren ist. «Die ersten Gedanken kamen dann erst daheim. Es war definitiv ein kleines Wunder, dass ich mir nicht einmal etwas gebrochen habe.»
«Bei Blitzeis passiert das schnell»
Vorerst ist Roder krankgeschrieben. «Ich habe noch Schmerzen an der Brust und der Kopf tut mir weh», sagt er. Er werde sich jetzt noch ein wenig entspannen, auf die Beine kommen und dann wieder arbeiten gehen. Vorwürfe, etwa an den Unterhaltsdienst, macht er keine. «Bei Blitzeis passiert das schnell. Da trägt niemand eine Schuld, weil das höhere Gewalt ist.»
Vielmehr schmerzt ihn der Verlust des alten Golfs: «Ich bin sehr an ihm gehangen, weil ich auf alte Autos stehe», sagt Torsten Roder. Aber er weiss auch: «Schlussendlich ist mir nichts passiert, das ist ausschlaggebend.»