Kurioser Zoff im Aargau
Justiz-Zoff eskaliert – Richter verurteilt Staatsanwältin

Eine Staatsanwältin wurde im Aargau vom Obergericht mit einer saftigen Busse belegt. Sie war nicht zu einem Verhandlungstermin erschienen. Dem Nichtauftauchen war ein Puff mit dem Strafkammerpräsidenten vorausgegangen.
Publiziert: 22.06.2023 um 16:34 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2023 um 12:16 Uhr
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Dass sich das Gericht und eine Staatsanwältin streiten, kommt dagegen so gut wie nie vor.
Foto: imago images/blickwinkel

Dass vor Gericht immer wieder Streitigkeiten zwischen Klägern und Beklagten beigelegt werden, ist nichts Neues. Dass sich aber das Gericht und eine Staatsanwältin streiten, kommt dagegen eher selten vor. Im Aargau kam es jetzt allerdings zu so einem kuriosen Ereignis, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.

Am 9. Juni stand eine Verhandlung vor dem Obergericht an. Eigentlich ging es dabei um einen Mann aus Sri Lanka, der, nachdem er auf Drogen Sex mit einer 14-Jährigen gehabt hatte, des Landes verwiesen werden sollte. Er hatte Berufung gegen das Urteil in erster Instanz eingelegt.

Die Taten des Mannes wurden aber zur Nebensächlichkeit. Denn: Der Strafkammerpräsident brummte einer Staatsanwältin eine Busse in Höhe von 1000 Franken auf – und rügte die Juristin scharf.

Staatsanwältin eine Querulantin?

Am 12. Mai hatte sie von sich aus erklärt, dass sie den Fall übernehmen werde. Der ursprünglich zuständige Staatsanwalt fällt für mehrere Monate aus. Allerdings passte der Anwältin keiner der fünf im Juni vorgeschlagenen Termine. Die Begründung: Sie habe entweder frei oder Pikettdienst.

Per Mail wurde sich dann ausgiebig gezofft. Beteiligt waren der Strafkammerpräsident, die Staatsanwältin, die Gerichtsschreiberin und der Oberstaatsanwalt. Eine Kopie des angespannten Mailaustauschs landete gar bei Justizvorsteher und dem Präsidenten des Obergerichts.

Der Verhandlungstermin wurde letztendlich auf den 9. Juni festgelegt – mit der Begründung, man erwarte von der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau eine gewisse Flexibilität. Ein Kollege könne doch den Pikettdienst für die Staatsanwältin übernehmen. Die Staatsanwältin wurde zudem auf die «gesetzlich vorgesehenen Folgen» ihres Nichterscheinens aufmerksam gemacht.

Sie kam dann doch nicht. Das Obergericht bewertet das Fernbleiben der Anwältin in dem Urteil als «in einem Rechtsstaat nicht akzeptabel». Ihr Verhalten mute «geradezu querulatorisch an». Sie habe sich weder bemüht, an der Verhandlung teilzunehmen, noch eine Stellvertretung zu organisieren.

Urteil wird wohl weitergezogen

Auf eine Aufsichtsanzeige verzichtet das Obergericht vorerst. Sollte sich «ihre in jeder Hinsicht inakzeptable Verweigerungshaltung wiederholen», werde diese aber unumgänglich sein.

Staatsanwaltschaftssprecher Adrian Schuler (30) behauptet dagegen gegenüber der «Aargauer Zeitung», das Obergericht habe die Situation «unnötig eskalieren lassen». Die Ordnungsbusse sei «offensichtlich nicht angebracht».

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Oberstaatsanwaltschaft hat aber bereits angekündigt, das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen zu wollen. (nad)

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