Ehepaar Hüppeler will Besenbeiz eröffnen – und fühlt sich von Gemeinde Schinznach AG schikaniert
«Die verdienen sich mit irren Auflagen eine goldene Nase!»

Das Gastrounternehmer-Ehepaar Hüppeler aus Schinznach-Dorf möchte die kleine Aargauer Gemeinde beleben: mit einem temporären Zirkuswagen im eigenen Garten. Doch die Gemeinde findet seit zwei Jahren immer neue Probleme.
Publiziert: 03.09.2024 um 01:21 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2024 um 09:59 Uhr
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Das Gastro-Paar Hüppeler aus Schinznach-Dorf fühlt sich benachteiligt. Während die Konkurrenz «machen darf, was sie will», werden den beiden unrealistische Forderungen gestellt.
Foto: Sebastian Babic

Auf einen Blick

  • Hüppelers kämpfen seit zwei Jahren um Biergarten-Bewilligung
  • Externer Bauverwalter stellt immer neue Forderungen und verursacht hohe Kosten
  • Gemeinde Schinznach hat einen Steuerfuss von 110 Prozent
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Sebastian BabicReporter Blick

Das Ehepaar Raphael (43) und Yvette (41) Hüppeler aus Schinznach-Dorf AG hat genug. Seit zwei Jahren versuchen die Gastrounternehmer, ihren umgebauten Zirkuswagen in der Aargauer Gemeinde für einen kleinen, provisorischen Pop-up-Biergarten im eigenen Garten anzumelden. Quasi eine temporäre Besenbeiz auf vier Rädern. Stattdessen muss sich das Paar mit immer neuen Auflagen des Gemeinde-Bauverwalters herumschlagen – und für jedes neue Problem, das der Bauverwalter ausgräbt, auch noch blechen.

Das Ehepaar beklagt: «Wir brauchen für einen mobilen Zirkuswagen eine Baubewilligung wie für ein Einfamilienhaus!» Dabei sei der Wagen als mobile Küche gedacht, immer bereit, um auf Achse zu gehen.

Was Hüppelers besonders stört: der üble Verdacht, dass jemand an ihrem Leid Geld verdient. Denn je mehr der Bauverwalter motzt, desto mehr klingelt es in seiner Kasse.

Wie verschiedene andere ländliche Gemeinden im Aargau hat auch die Gemeinde Schinznach einen externen Bauverwalter für die Überprüfung von Bauvorhaben engagiert. Seine Arbeit wird den Hüppelers vollumfänglich in Rechnung gestellt, trotz Steuergeldern. Und die Rechnung dürfte hoch ausfallen. Denn der Verwalter macht seinen Job sehr, sehr genau.

Zirkuswagen führt zu Zwist

Rückblick: 2021 erwerben die Hüppelers den alten Zirkuswagen. Sie bauen ihn in Hunderten Arbeitsstunden zu einer Küche um. Bereits Jahre zuvor starteten die beiden ihr Gastro-Abenteuer mit ihrer Firma Rolling Bistro, zuerst mit Lasten-Velos, die in Sekundenschnelle zu Crêpes-Grills umgebaut werden können.

Der Erfolg gibt ihnen recht. Sie expandieren und mieten ein altes Bauernhaus an, mit grossem Garten. In der Gemeinde fehlen Gastro-Angebote, und so reift in den beiden die Idee, den Zirkuswagen, wenn er denn nicht extern, bei Musikfestivals oder Stadtfesten gebucht ist, zu einem kleinen Biergarten vor der eigenen Haustür zu machen. Nach ersten Versuchen mit Freunden und Bekannten meldet sich bereits die Gemeinde: Dafür brauche es eine Baubewilligung.

Externer Berater wird zum Problem

Das Paar meldet sich also bei den Behörden, danach vergehen einige Wochen, bis eine erste Reaktion erfolgt. Man müsse eine «grosse Baubewilligung» einreichen, wie bei einem Einfamilienhaus. Obwohl das kantonale Gesetz besagt, dass Gastro-Angebote, die weniger als zwei Monate am gleichen Platz stünden, keine brauchen.

Zuerst müssen Hüppelers ein Lärmschutzgutachten erstellen lassen. Lärmklagen, gibt auch die Gemeinde unumwunden gegenüber den Unternehmern zu, seien nie eingegangen. «Soweit wir wissen, sind wir die Einzigen, die das in der Region für einen mobilen Foodtruck abklären lassen müssen», so Raphael Hüppeler.

Danach heisst es, man brauche Parkplätze in unmittelbarer Nähe, wofür die beiden abermals ein Konzept einreichen müssen, «dabei kommt unsere Kundschaft fast ausschliesslich mit ÖV und Velo». Erneut vergehen Monate, bis auf einmal die Abwassersituation zum Thema wird. Normalerweise wird das Abwaschwasser von Foodtrucks in speziellen Eimern gesammelt und anschliessend unkompliziert in der Kanalisation entsorgt.

Salamitaktik und möglicher Hausfriedensbruch

Die Salamitaktik ärgert die beiden Gastro-Unternehmer: «Die verdienen sich mit irren Auflagen eine goldene Nase an uns», sagen sie.

Ohne, dass das Paar Kenntnis davon gehabt hätte, sei der externe Bauverwalter in der Zwischenzeit auch auf ihrem Grundstück gewesen. «Ich bin wie die Polizei, ich darf auf jedes Grundstück», soll der Berater den Hüppelers gesagt haben. Als das Ehepaar die Behörden darauf anspricht, klingt die Geschichte plötzlich anders: «Zuerst hiess es, dass wir als Mieter keinen Hausfriedensbruch anzeigen können, danach hiess es plötzlich, dass er die Situation vom Nachbargrundstück aus begutachtet hätte.» Dieses befände sich aber rund 40 Meter Luftlinie entfernt. «Völlig unmöglich, von dort aus etwas zu sehen», sagen Hüppelers.

Hohe Steuern, wenig Dienstleistung

110 Prozent beträgt der Steuerfuss der Gemeinde, rund zehn Prozent mehr als im Schweizer Durchschnitt. Dennoch werden bautechnische Abklärungen für viel Geld an eine externe Firma ausgelagert und den Gesuchstellern jeweils in Rechnung gestellt.

Blick versucht, die Verantwortlichen zu konfrontieren. Doch: Der Gemeinderat beruft sich auf das Amtsgeheimnis. Auch der betreffende Bauverwalter schweigt lieber. Der Kanton indes verweist auf die Entscheidungsgewalt der Gemeinde und kann den Hüppelers auch nicht weiterhelfen. Bis im Garten der Hüppelers das erste Bier gezapft wird, dürfte noch viel Zeit und Geld verloren gehen.

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