Arbeitsrechtler ordnet ein
Was muss ich bei Probetagen erdulden?

Adriano Valentino erhoffte sich viel bei seinem Probetag bei der Post. Es endete mit einem Monster-Tag ohne Bezahlung. Arbeitsrechts-Koryphäe Thomas Geiser erklärt, was du dir bei Schnuppertagen bieten lassen musst – und was nicht.
Publiziert: 04.09.2024 um 01:07 Uhr
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Aktualisiert: 04.09.2024 um 08:17 Uhr
Arbeitsrechtler Thomas Geiser (71) erklärt für Blick den Probetag.
Foto: Keystone
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Nicolas LuratiReporter News

Einen Schnupper-Tag, wie ihn Blick-Leser Adriano Valentino (43) bei der Post hatte, wünscht sich garantiert niemand: 13 Stunden Gratis-Arbeit, kein Gespräch mit dem Chef – und am Ende eine freche Absage.

Blick befragte Arbeitsrechtler Thomas Geiser (71) zu Sinn und Unsinn von Schnupper-Tagen. Dieser erklärt, wie ein solcher Probetag ablaufen sollte – und wie nicht. Und was passieren kann, wenn ein Unternehmen einen Schnupperer bewusst als Arbeitstier missbraucht.

Der emeritierte Professor für Privat- und Handelsrecht stellt klar: Bei einem Probetag solle die Person einen Einblick in die Arbeitsabläufe und den Stil des Unternehmens erhalten. «Sie soll sehen, wie es normalerweise abläuft. Es geht nicht darum, nur die Arbeit zu erledigen, die gerade anfällt.»

«Debriefing wäre sinnvoll»

Ein Recht auf ein Vorstellungsgespräch habe der potenzielle Arbeitnehmer hingegen nicht. Aber: «Es ist eine Frage des Anstands, wie man jemanden empfängt, den man allenfalls einstellen will.» Geiser fände eine Vorstellungsrunde und ein Vorstellungsgespräch deshalb angemessen. «Auch ein Debriefing wäre sinnvoll.»

Zur Arbeitsdauer erklärt der ehemalige Professor an der Uni St. Gallen, dass ein Arbeitstag nicht länger als 14 Stunden dauern dürfe – inklusive Pausen. «Dauert der Arbeitstag mehr als 9 Stunden, hat der Arbeitnehmer Anrecht auf mindestens eine Stunde Pause.» Diese Richtlinien würden grundsätzlich auch für Probetage gelten. Er stellt klar: «Ob es sich um eine Temporärstelle oder eine feste Stelle handelt, hat keinen Einfluss auf Stunden- und Pausenregelungen im Arbeitsgesetz.»

Und: Beim Probetag gelte immer zu definieren, ob der Tag bezahlt wird oder nicht. «Auch hier gibt es keine festen Regeln.» Im Fall von Adriano Valentino bezahlte ihm die Post den Probetag nicht. Experte Geisler: «Sollte er tatsächlich eine normale Arbeit ausgeführt haben, wäre es mindestens anständig von der Post gewesen, ihm etwas dafür zu bezahlen.»

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Adriano Valentino (43) aus Niederlenz AG freute sich auf den Probetag bei der Post. Aber: «Die Post nutzte mich aus», klagt der Italiener.
Foto: Nicolas Lurati

«Kann auch rechtliche Folgen haben»

Geiser masst sich zum Einzelfall kein Fall-Urteil an. Allgemein sagt er aber: «Wenn ein Unternehmen gar nicht beabsichtigt, einen potenziellen Arbeitnehmer einzustellen, sondern seinen Probetag nur dazu ausnutzt, um die Arbeit erledigt zu haben, dann ist das ein Skandal.» Er betont: «Das kann auch rechtliche Folgen haben für diese Firma.»

Auch für Valentino hatte der Probetag Folgen: Er kassierte eine Absage von der Post. Immerhin hat ihm das Temporärbüro den Tag entlöhnt.

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