Mit Schlagzeilen müsste Daniel Marti, Chefredaktor des «Wohler Anzeigers», sich eigentlich auskennen. Doch aktuell sorgt er für reichlich Negativpresse über sich selbst. Weil sein Sohn in die falsche Gruppe bei den Junioren des FC Wohlen eingeteilt wurde, verlor er die Fassung. «Du Lausbub! Was fällt dir überhaupt ein, du verdammter Ausländer-Sack», beleidigte er einen Trainer mit kosovarischen Wurzeln per Telefon. Und dann drohte er: «Das ist dein Ende bei diesem Verein!»
Drei Tage später wurde dem Trainer gekündigt, einem zweiten ebenso. Es wird vermutet, dass Marti involviert war. Denn: Er ist gut vernetzt beim FC Wohlen und war unter anderem Redaktionsleiter des Klub-Magazins.
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Auf dem Brief mit dem Suspendierungsentscheid steht unter anderem der Name von Nati-Star Ciriaco Sforza. Er kennt Marti seit vielen Jahren und betont: «Bei uns hat Rassismus keinen Platz.» Marti wiederum beteuert, er sei kein Rassist: «Meine Wortwahl war natürlich nicht korrekt, dies ist aus den Emotionen heraus passiert. Dafür bitte ich um Entschuldigung.»
«Rassistische Beleidigungen entstehen nicht aus den Emotionen»
Bei den Fans des Vereins zieht diese Ausrede nicht. Per X, ehemals Twitter, äusserte sich der Fanklub «Tifosi Wohlen»: «Rassistische Beleidigungen geschehen nicht ‹aus den Emotionen›, sondern nur dann, wenn man diese auch verankert hat.» Daher fordern sie den Ausschluss des Chefredaktors aus dem Verein sowie sein Stadionverbot. Auch sollen alle Beteiligten «ihren Posten räumen». Erst dann käme man «der Aussage, dass Rassismus im Stadion Niedermatten keinen Platz hätte, einen Schritt näher».
Sforzas Aussage bezeichnen die Fans zudem als «saloppes Statement», das angesichts der Geschehnisse wie «blanker Hohn gegenüber allen Betroffenen von Rassismus in diesem Land» klinge. Die Fans schämen sich für den oberflächlichen Umgang mit Themen wie Rassismus, den der Verein an den Tag legt.
«Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art»
Aus dem Statement der Fans lässt sich herauslesen, dass es sich um keinen Einzelfall handelt: «Unser FC Wohlen hat sich einmal mehr zum Spielball einer mächtigen Lokalgrösse machen lassen.» Auch soll es schon vorher Probleme mit Rassismus gegeben haben. «Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art, bei dem man versucht hat, diesen unter den Teppich zu kehren und anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben», schreiben die Fans.
Um dem Ganzen ein für alle Mal ein Ende zu setzen, fordern die Fans, dass das Thema ernst genommen wird. Und vor allem, dass sich fundamental etwas ändert: «Wir fordern, dass der Verein endlich seiner Vorbildfunktion gerecht wird und sich mit den Strukturproblemen innerhalb des Klubs beschäftigt, was Themen wie Rassismus, Sexismus oder Homophobie anbelangt.» Ob der Verein den zahlreichen Forderungen nachgehen wird, bleibt unklar.