Schnell soll es gehen, aber auch gesund sein und nachhaltig produziert: Die Idee von Not Guilty war so einfach wie bestechend. Und es fing gut an. In den Take-away-Läden konnte man bei «Angels» genannten Angestellten «Hearty Bowls» oder «Hot Sandwiches» bestellen und – zürcherischer Zeitgeist – auf der Website des Unternehmens erfahren, dass das «Malaysian Beef» im Reusstal gegrast hatte und das Brot für «Pulled Vegan Joy» in Baden gebacken wurde.
In den besten Zeiten unterhielt Not Guilty (sinngemäss «ohne Reue») fünf Filialen an zentralen Standorten. Drei sind nun geschlossen, die am Stauffacher erst seit ein paar Wochen.
Die Firma hat Probleme, und die sind ernst. Das Bezirksgericht Zürich hat Ende April eine definitive Nachlassstundung verfügt. Vor kurzem wurde im Amtsblatt ein Schuldenruf publiziert, um mit den Gläubigern einen Deal aushandeln zu können, mit dem ein Teil der ausstehenden Schulden abgeschrieben wird. Klappt das nicht, droht Not Guilty der Konkurs.
Hunderttausende Franken Covid-Kredite
Geschäftsführer und Gründer Roland W.*, der nicht mit vollem Namen genannt werden will, sagt: «Die Situation ist wirklich sehr herausfordernd.» Die «Altlasten» seien «potenziell existenzbedrohend».
Gemeint sind damit Covid-Kredite in Höhe von mehreren Hunderttausend Franken, die Not Guilty in der Pandemie erhalten hat – und nun zurückzahlen müsste. Acht Jahre Zeit hat die Firma dafür, doch Roland W. kann jetzt schon sagen: «Das wird sehr schwierig.» Die Umsätze erholten sich nur langsam, als Mittagsrestaurant sei man vom Trend zum Homeoffice «besonders stark» betroffen.
Not Guilty erhielt während der Pandemie Härtefallgelder, in der letzten Runde sei das Gesuch jedoch abgelehnt worden. Die Firma rekurrierte gegen den Entscheid der Finanzdirektion.
Roland W. ist HSG-Absolvent und war Easyjet-Pilot. Inspiriert von «unzähligen Auslandstopps», bei denen er immer wieder «neuartigen Verpflegungskonzepten» begegnete, gründete er das «erste healthy Fast-Casual-Konzept der Schweiz». Damit verwirklichte er seinen Traum vom «schnellen, gesunden und frischen» Essen. Das war 2007.
Not Guiltys Aufstieg reihte sich ein in den Siegeszug von Ketten wie Hitzberger, Gärtnerei, Dean & David oder Martha’s Salad. Quasi im Wochentakt eröffneten die neuen Gesunden in den Städten weitere Take-away-Standorte. Zeitweise sass auch Miriam Blocher, Tochter von alt Bundesrat Christoph Blocher, im Verwaltungsrat.
Noch zwei Filialen übrig
Martha’s Salad und Gärtnerei gibt es bereits nicht mehr – obwohl sich der Trend zu gesundem Fast Food durch Covid noch verstärkt hat. Sogar grosse Ketten sehen sich zum Umdenken gezwungen: McDonald’s hat inzwischen Ernährungswissenschaftler engagiert, Taco Bell setzt auf kalorienarme Optionen mit weniger künstlichen Zutaten.
Die zwei verbliebenen Standorte in Zürich-Oerlikon führe man auf jeden Fall weiter, sagt Roland W. Dort arbeiten 20 Beschäftigte, viele auf Stundenlohnbasis. W. und eine Mitarbeiterin machen das Backoffice. Grundsätzlich sei die Schweiz ein anspruchsvoller Markt. Der Erfolg von Dean & David in Deutschland motiviere aber: «Das ist unser ‹reason to believe›.»
Über der ehemaligen Filiale am Stauffacher prangt noch das Logo von Not Guilty, an der Tür die Menükarte. Ab Juni eröffnet an dieser Stelle Firehouse Subs, eine amerikanische Fast-Food-Kette. Salat ist dort bestenfalls Beilage.
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