Zwei Jahre lang war Zainab Z.* (24) in einer arrangierten Ehe im Libanon gefangen. Die Scharia, das Rechtssystem des Islam, galt für sie. Das bedeutete: Die junge Frau hatte ihre Rechte verloren. Sie kämpfte sich durch die Hölle – bis zu ihrer Flucht. Wie genau die Scharia funktioniert und umgesetzt wird, erklärt Menschenrechtsaktivistin und Islamismuskritikerin Saïda Keller-Messahli.
Was bedeutet Scharia?
Die Scharia gibt die Art und Weise vor, wie man sein Leben zu führen hat. Saïda Keller-Messahli erklärt, dass die Scharia allumfassend für das ganze Leben gilt. «Es fängt beim Beten an, wie man sich wäscht und allgemein, wie man sein Leben zu führen hat, um ein guter Muslim, eine gute Muslimin, zu sein». Sie erklärt auch, dass es bei den Sunniten und Schiiten keine grundlegenden Unterschiede gebe. Zumindest, was die Unterdrückung der Frau angeht. Die Expertin zu Blick: «Es kommt aber darauf an, in welchem Land man lebt und welchen Mann man heiratet.»
Wo stehen diese Gesetze?
«So etwas wie ein einheitliches, kanonisiertes islamisches Religionsrecht mit klar definierten allgemeingültigen Normen existiert nicht», heisst es bei Humanrights. Es gibt auch kein umfassendes Gesetzbuch der Scharia. Sie besteht aus der Interpretation religiöser Texte.
Welche Rechte haben Frauen in der Scharia?
«In der Scharia haben Frauen keine Rechte. Das ist ein Gesetz, das Hunderte von Jahren alt ist», erklärt Keller-Messahli. Sie führt weiter aus, dass keine monotheistische Religion einer Frau die Rechte zuspricht, die sie von einem Rechtsstaat erhält. Das habe auch die von Blick porträtierte Zainab Z. erfahren müssen.
Wie gefährlich sind arrangierte Ehen unter der Scharia?
Das, was in der aktuellen Geschichte passiert ist, bezeichnet Keller-Messahli als «Schlag ins Gesicht», der Frauenbewegung in der arabischen Welt. Die gebe es nämlich durchaus, erklärt die Expertin. Junge Frauen würden sich auch oft von der Familie um den Finger wickeln lassen, weil der Familie – oder dem Vater – die Vorstellung gefallen würde. «Und am Ende bezahlen die Frauen den Preis», so Keller-Messahli. Wenn Eltern eine solche Ehe aufgleisen, seien auch diese mitschuldig, findet sie.
Was passiert mit den Frauen?
Hierfür findet die Expertin drastische Worte: «In der Scharia kann man eine Frau wegschmeissen wie einen Abfallsack.» Das heisst, dass der Mann sich ohne weiteres von seiner Frau scheiden lassen kann. «Eine Frau bleibt so ohne Rechte, ohne Schutz, ohne Alimente und ohne Kinder zurück – die bleiben nämlich beim Vater. Zumindest die Söhne», erklärt die Aktivistin.
Aus diesem Grund kritisiere sie das Verhalten dieser Frauen, die durch eine arrangierte Ehe «gute Musliminnen sein wollen». Keller-Messahli abschliessend: «Sie geben ihre Freiheiten und Möglichkeiten, die sie hier haben auf und danach gehen sie durch die Hölle.»