Keine Zertifikatspflicht für Bundesbeamte
Staatliche Inkonsequenz

Bundesbern verordnet eine Zertifikatspflicht für grosse Bereiche des öffentlichen Lebens. Für die eigene Verwaltung ist das hingegen kein Thema. Das ist schädlich.
Publiziert: 12.09.2021 um 09:36 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2021 um 09:39 Uhr
Reza Rafi, Stv. Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Anja Wurm
Reza Rafi

Die Aufrufe, sich impfen zu lassen, werden immer lauter. Der Druck auf Ungeimpfte steigt. Ab morgen gilt die Zertifikatspflicht für Restaurants und diverse Anlässe.

So weit, so klar. Oder doch nicht?

Ausgerechnet in Bundesbern, im Dunstkreis von Parlament, Verwaltung und Staatsbetrieben, gibt man sich verblüffend kleinlaut und differenziert, wenn es um die Zertifikatspflicht geht. National- und Ständerat machen nicht mit, im öffentlichen Verkehr scheint die Sache tabu zu sein.

Und jetzt stellt sich auch noch heraus, dass die Bundesverwaltung kneift.

Es fehle an den rechtlichen Grundlagen, um für knapp 40'000 Bundesbeamte eine Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz einzuführen, heisst es auf Anfrage von SonntagsBlick. Mit anderen Worten: Der Staat verordnet seinen Bürgern in weiten Teilen des öffentlichen Lebens eine Covid-Zertifikatspflicht, verzichtet aber in seinem unmittelbaren Einflussbereich darauf.

«Die Arbeitgeberin Bundesverwaltung hat bereits gut funktionierende Schutzkonzepte», argumentiert ein Sprecher. Entsprechendes behaupten auch Wirte und Kulturveranstalter. Alle Beamten, ob mit oder ohne Vakzin, würden gleich behandelt, heisst es weiter: «Es darf keine Diskriminierung geben.» Das könnte von Gastrosuisse stammen.

Die Position der Verwaltung ist bedauerlich – und schädlich: Ihre Inkonsequenz untergräbt das Vertrauen, stärkt radikale Kritiker und bietet ein schlechtes Vorbild für die Privatwirtschaft.

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