Kann das auch Schweizern im Ausland passieren?
Gelähmter US-Amerikaner wegen Ärger mit Versicherung in der Schweiz gefangen

Ein US-Amerikaner sitzt nach einem schlimmen Ski-Unfall in der Schweiz fest, weil seine Versicherung die Rückführung nicht zahlen will. Könnte das auch auf unseren Auslandreisen passieren? Was Rega und Versicherungen raten.
Publiziert: 20.02.2025 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 20.02.2025 um 20:52 Uhr
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Justin Holman war in der Schweiz Skifahren. Am 2. Februar wurde er bei einem Unfall schwer verletzt.
Foto: GoFundMe / Stetson Holman

Auf einen Blick

  • US-Amerikaner nach Skiunfall in der Schweiz gelähmt, Versicherung verweigert Rückführung
  • Rega-Gönnerschaft kann bei fehlender Versicherungsdeckung für Rücktransport helfen
  • Rega hatte 2022 insgesamt 1033 Ambulanzjet-Einsätze und organisierte 319 Linienflüge
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Johannes HilligRedaktor News

Es sollte eine tolle Zeit in den Schweizer Bergen werden. Doch die Skiferien für Justin Holman endeten in einer Tragödie. Der US-Amerikaner sitzt im Rollstuhl. Er stürzte auf der Piste und brach sich einen Wirbel. Die Folge: Er ist von der Hüfte abwärts gelähmt. Eigentlich könnte er von Ärzten hierzulande behandelt werden.

Doch seine Versicherung stellt sich quer. Auch die Kosten für die Rückführung in die USA will United Healthcare nicht übernehmen. Begründung: Es sei «medizinisch nicht nötig». Ein Schock für Holman und seine Familie. «Jeder Tag, der vergeht, ist ein verlorener Tag auf dem Weg zur Besserung», klagt sein Bruder. Aktuell sammeln sie Geld, um die Kosten für die Rückführung zu übernehmen. Konkret: 200'000 US-Dollar (180'000 Franken).

Rega empfiehlt eine gute Reiseversicherung

Das Schicksal von Holman macht Angst. Könnte das auch uns Schweizern passieren? «Viele von uns wären sicher auch nicht genug versichert, um im Rollstuhl und frisch operiert zurück ins Heimatland gebracht zu werden. Rega ist keine Garantie, da ist man nur Gönner», kommentiert ein Blick-Leser die Geschichte. Aber stimmt das wirklich?

«Mit einer Rega-Gönnerschaft können exakt solche Fälle, beispielsweise wenn eine Versicherung für einen allfälligen Rücktransport nicht leistungspflichtig ist, vermieden werden: Sollten Gönnerinnen oder Gönner auf die Hilfe der Rega angewiesen sein, so kann ihnen die Rega als Dank für die Unterstützung die Einsatzkosten der Rega erlassen, wenn Versicherungen oder andere Dritte nicht leistungspflichtig sind», sagt Rega-Sprecher Mathias Gehrig zu Blick. Behandlungskosten im Ausland sind davon aber nicht gedeckt. «Die Rega empfiehlt aus diesem Grund zusätzlich zur Rega-Gönnerschaft eine gute Reiseversicherung.»

Das empfiehlt auch der Schweizerischer Versicherungsverband SVV. «Es ist in jedem Fall empfehlenswert, sich vor Reisen ins Ausland über die Möglichkeit entsprechender Zusatzversicherungen zu informieren. Diese können häufig in Kombination mit einer Zusatzversicherung für den Krankheitsfall abgeschlossen werden», sagt SVV-Sprecher Thilo Kleine zu Blick. Und er fügt hinzu: «Eine Gönnerschaft bei der Rega ersetzt die Reiseversicherung nicht, weil die Rega eine gemeinnützige Stiftung und keine Versicherung ist. Es besteht also kein Rechtsanspruch auf Kostenübernahme. 

Über 1300 Rücktransporte jedes Jahr

Ob ein Rücktransport nötig ist, entscheiden die Beratungsärztinnen und Beratungsärzte der Rega. Gehrig: «Eine medizinische Notwendigkeit ist vorausgesetzt, wobei auch weitere Kriterien, wie beispielsweise Therapiemöglichkeiten, das soziale Umfeld, medizinische Einrichtungen und hygienische Verhältnisse vor Ort in Betracht gezogen werden.»

Und solche Fälle gibt es viele. Die drei Ambulanzjets der Rega hatten im vergangenen Jahr insgesamt 1033 Einsätze. «Zusätzlich organisierte die Rega-Einsatzzentrale für 319 Personen einen Flug an Bord eines Linienflugzeuges.»

Rücktransport kann rund 100'000 Franken kosten

Wer innerhalb der EU auf einer Reise verunfallt, ist in der Regel über die obligatorische Grundversicherung geschützt. Aber: Die Kosten werden nur zu einem bestimmten Teil übernommen. «Reicht die Deckung der Grundversicherung nicht aus, wird der Fall dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gemeldet. Dieses versucht, der verunfallten Person weitere Hilfe zukommen zu lassen», erklärt Helsana-Sprecher Urs Kilchenmann. Die Helsana holt rund 150 Versicherte pro Jahr zurück in die Schweiz – etwa jede 15. Person wegen eines Unfalls. Kilchenmann weiter: «Die meisten Fälle betreffen Europa, viele aus Italien.»

Darum wird eine Auslandskrankenversicherung dringend empfohlen. Damit sind dann weltweit die Kosten gedeckt – auch im Falle eines Rücktransportes.

So ist es bei der Helsana

Denn der kann, wie im Falle des Amerikaners, schnell teuer werden. «Findet die Rückführung im Ambulanzjet beispielsweise aus Griechenland statt, kostet diese rund 20’000 Franken. Muss man jemanden in Thailand oder in den USA abholen, beträgt die Rechnung rund 100’000 Franken», schreibt die Helsana auf ihrer Seite.

Bei der Axa sieht es ähnlich aus. Man hat Anspruch auf eine ambulante Behandlung, Arzneimittel, die Behandlung, Verpflegung und Unterkunft im Spital. Arzt und Spital können die Versicherten frei wählen, wie der Versicherer auf Anfrage erklärt.

Für die Behandlung im Ausland wird höchstens der doppelte Betrag der Kosten vergütet, die bei der Behandlung im Wohnkanton in der Schweiz entstanden wären. Mediensprecherin Seraina Acker empfiehlt zudem: «Es ist sehr hilfreich, die Notfallnummern der Grund-, Zusatz- oder Reiseversicherung dabei zu haben.»


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