Kampf um den Pfauen in Zürich
«Die Bühne ist ein reales Rütli»

Von Autor Charles Lewinsky über Schauspielerin Hanna Scheuring bis zu Gastrounternehmer Rudi Bindella: Eine breite Allianz wehrt sich gegen den Abriss des Pfauensaals im Schauspielhaus Zürich.
Publiziert: 27.08.2021 um 01:24 Uhr
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Aktualisiert: 27.08.2021 um 08:23 Uhr
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Der heutige Theatersaal ist bald 100-jährig und geht auf das Jahr 1926 zurück.
Foto: Keystone
Daniel Arnet

In der Schweiz zeichnen sich Duelle der Kulturgiganten ab: Filmemacher und Oscar-Preisträger Xavier Koller (77) gegen Künstlerin Pipilotti Rist (59), Schriftsteller Thomas Hürlimann (70) gegen Schriftstellerin Sibylle Berg (59) und der emeritierte Germanistik-Professor Peter von Matt (84) gegen Ex-SRF-Generaldirektor Roger de Weck (67).

Alle machen den Pfau: Während Erstere den Erhalt des 1926 erbauten Zuschauerraums im Zürcher Schauspielhaus anstreben, bevorzugen Letztere den Abriss des sogenannten Pfauensaals. Anlass für den Kulturkampf ist die Ankündigung des Zürcher Stadtrats von November 2020, das Schauspielhaus am Heimplatz bei Wahrung der Fassade für 115 Millionen Franken neu bauen zu wollen.

Schiffbau als moderne Spielstätte des Schauspielhauses

Dagegen regte sich schnell Widerstand: Der Heimatschutz trat auf den Plan, Publizist Matthias Ackeret (57) rief das überparteiliche Komitee «Rettet den Pfauen» ins Leben, und der ehemalige Schauspielhaus-Dramaturg Beat Schläpfer (69) gründete den «Verein Pro Pfauen der Kultur- und Theaterschaffenden». Zudem lancierte das Institut für Denkmalpflege und Bauforschung der ETH die Initiative «Die Pfauenbühne erhalten!».

Diese Phalanx informierte am Donnerstag. «Wir wollen den Pfauen so, wie er ist», sagte Ackeret entschieden und wies darauf hin, dass bereits 700 Personen aus der Zivilgesellschaft sein Komitee unterstützen. Bei «Pro Pfauen» von Schläpfer seien es rund 500 Theaterschaffende. «Ein Abbruch wäre fatal und unnötig», sagte er. Der Pfauensaal habe Mängel bei der Akustik und der Sichtlinie, aber er sei funktionstüchtig. Zudem habe das Theater seit 2000 den Schiffbau als moderne Spielstätte.

Der ehemalige SP-Stadtrat Bruno Kammerer (85) vom Komitee «Rettet den Pfauen» erklärte, jede Gesellschaft brauche einen historischen Ort der Zusammenkunft: «Die Pfauenbühne ist ein reales Rütli.» In die gleiche Kerbe schlug Stefan Holzer (58), Professor für Bauforschung und Konstruktionsforschung an der ETH Zürich, als er sagte, dass der Abriss des Pfauensaals dem Wegwerfen des Bundesbriefs von 1291 gleichkäme.

Ein Saal von internationaler Bedeutung

Eine Lokalposse? Mitnichten! Nach der Machtergreifung Hitlers erlangte das Schauspielhaus nationale, gar internationale Bedeutung: Ab 1933 suchten die besten deutschsprachigen Schauspielerinnen und Regisseure Zuflucht in Zürich, darunter Therese Giehse (1898–1975) und Leopold Lindtberg (1902–1984). Und später kamen zahlreiche Stücke des Welttheaters auf der Pfauenbühne zur Uraufführung (siehe Bildgalerie).

Trotz dieser Ausstrahlung weit über Zürich hinaus sind es Lokalpolitiker und Stadtbevölkerung, die über die Zukunft des Saals entscheiden. Voraussichtlich im September debattiert der Gemeinderat über das Vorhaben: Während SVP und Alternative Liste (AL) schon dezidiert gegen den Abriss Stellung bezogen, ist vor allem die Haltung der SP noch offen – Stadtrat und Hochbaudepartements-Chef André Odermatt (61) kommt aus ihren Reihen.

Wie auch immer: Das letzte Wort hat die Bevölkerung an der Urne.

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