Am Donnerstag tritt die Weltraumsonde «Juice» ihre 700 Millionen Kilometer lange Reise zum Jupiter an. Mit an Bord einer Rakete der Weltraumorganisation ESA: Instrumente der Universität Bern.
Doch die Schweizer Beteiligung ist nicht der einzige Grund, weshalb hierzulande viele beim Start auf dem europäischen Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch-Guyana) mitfiebern werden – der Blick auf unser Sonnensystem und in ferne Galaxien erfreut sich zunehmender Beliebtheit.
«Letztes Jahr hatten wir 13'300 Besucher – 1500 mehr als 2019», sagt Kirsten Meier, Geschäftsführerin der Urania-Sternwarte in Zürich. Führungen seien meist ausgebucht. Das Planetarium im Verkehrshaus Luzern verzeichnet seit einigen Jahren mehr Besucher, die Schweizerische Astronomische Gesellschaft und der Verein Astro Events, der Sternenbeobachtungen organisiert, registrieren ebenfalls eine stärkere Nachfrage.
Marco Granducci, Präsident der Astronomischen Vereinigung Berner Oberland, freut sich: «Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist ein gesteigertes Interesse an der Astronomie und Raumfahrt festzustellen.» Und immer mehr wagen den Schritt in die Wissenschaft. An der Universität Genf absolvieren heute mehr als dreimal so viele Studenten einen Master in Astrophysik als noch vor vier Jahren. Auch die EPFL in Lausanne spürt den Boom: «In fünf Jahren ist die Anzahl Teilnehmer an dem Kurs ‹Physikalische Grundlagen der Astrophysik› von 35 bis 40 auf 55 bis 70 Studenten gestiegen», so Professorin Pascale Jablonka. Die Bewerbungen für Sommerpraktika im Labor für Astrophysik haben sich seit 2019 mehr als verdoppelt. Die Universität Bern und die Volkshochschule Zürich melden ebenfalls steigende Studierendenzahlen in Bereichen der Himmelskunde. Und an der Universität Zürich nimmt die Frauenquote in Astronomie und Astrophysik zu, auf allen Ebenen: Bachelor, Master, PhD und Postdoc. Physiker Andreas Stöckli, der den Lehrgang Astronomie der Volkshochschule Zürich verantwortet, über Gründe für den Astronomie-Boom: «Ich gehe davon aus, dass die Bedrohung unserer Lebensgrundlagen aufgrund der Klimaveränderung damit zu tun hat.» Kirsten Meier von der Urania-Sternwarte meint: «Je unsicherer die Zeiten, desto mehr zieht es die Menschen zu Dingen mit einer gewissen Konstanz – wie dem Blick auf die Sterne.
Einen Einfluss dürfte die Einführung des Lehrplans 21 haben, der Naturwissenschaften wieder mehr Raum gibt, aber auch Youtube-Kanäle über Astronomie und vermehrte Aktivitäten von Raumfahrt-Agenturen wie ESA oder Nasa. Kosmos-Enthusiasten dürfen sich freuen: Im Sommer öffnet im Naturpark Gantrisch ein neues Observatorium für Weltraum und Umwelt. Entworfen wurde «Space Eye» mit dem grössten Teleskop der Schweiz von Stararchitekt Mario Botta.