Das neue Skandal-Video der Armee, in dem ein Vorgesetzter einen Schiessbefehl auf die «eigene Freundin» erteilt, sorgt für Unverständnis. Für BDP-Fraktionschefin Rosmarie Quadranti (ZH) ist das Video unerträglich: «Es ist für mich ein klarer Aufruf zur Gewalt, mit dem Ziel Mord. Das hat im Militär nichts zu suchen» (BLICK berichtete).
Häuslicher Gewalt Vorschub geleistet
Auch die Zürcher SP-Sicherheitspolitikerin Chantal Galladé ist erschüttert: «Es ist unsäglich, wenn man den Fall übt, dass Männer zu Hause auf Frauen schiessen.» Damit riskiere die Armee, dass häuslicher Gewalt Vorschub geleistet werde. Für Galladé ist klar: «So etwas einzuüben, um die Abläufe zu automatisieren, ist verantwortungslos und gefährlich.»
Was der Offizier als Übungsanlage zum Losballern vorgab, ist tatsächlich nicht selten tragische Realität. Immer wieder kommt es bei Streit unter Paaren zu Tötungsdelikten mit Schusswaffen. Eines der bekanntesten Opfer solch häuslicher Gewalt war Ex-Skirennfahrerin Corinne Rey-Bellet (†33), die 2006 von ihrem Mann mit der Armeewaffe umgebracht wurde, wenige Tage, nachdem sie sich von ihm getrennt hatte.
Bei gut einem Drittel der Tötungsdelikte wurden Schusswaffen verwendet
Allein im Jahr 2015 kamen gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) innerhalb einer bestehenden oder ehemaligen Partnerschaft 19 Personen ums Leben, davon 15 Frauen. Zudem wurden 31 versuchte Tötungsdelikte registriert, davon 22 an Frauen.
Wie viele dieser Tötungsdelikte mit Schusswaffen verübt wurden, weist das BFS nicht aus, sondern nur den Anteil der Schusswaffen bei allen Tötungsdelikten im häuslichen Bereich, also etwa auch Eltern-Kind-Taten.
Das Resultat für den Zeitraum 2009 bis 2015: Bei gut einem Drittel der vollendeten Tötungsdelikte wurden Schusswaffen verwendet. Bei den versuchten Tötungsdelikten knapp zehn Prozent.
«Je weniger Waffen, desto sicherer»
Strafrechtsprofessor Martin Killias von der Uni Zürich, der die Thematik Schusswaffen und häusliche Gewalt untersucht hat, sieht in der leichten Verfügbarkeit von Schusswaffen in der Schweiz eine grosse Gefahr.
«Je mehr Waffen vorhanden sind, umso wahrscheinlicher wird es, dass sie bei einem Konflikt eingesetzt werden», sagt er. «Gerade bei häuslicher Gewalt sind Schusswaffen ein Problem, denn die Opfer können besser in Schach gehalten werden, und im Gegensatz zu anderen Waffen sind sie meist tödlich.»
Für ihn ist klar: «Gefährliche oder unstabile Menschen dürfen keine Waffen haben. Und je weniger Waffen im Umlauf sind, desto sicherer ist das Land.» Zum umstrittenen Video sagt er: «Das ist mehr als doof. Das ist im wahrsten Sinne eine gefährliche Übung.»