Das denken Davoser über orthodoxe Juden
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Davoser über orthodoxe Juden:«Es ist ein anderer Kulturkreis»

Hinter der «Gipfel-Zytig» steckt Heinz Schneider (69)
Seine Zeitung hetzt mit Kot-Cover gegen Juden

Die Davoser «Gipfel Zytig» veröffentlichte ein widerliches Titelblatt zur Kontroverse um jüdische Gäste in Davos GR. Jetzt untersucht die Staatsanwaltschaft den Fall, nachdem der Schweizerische Israelitische Gemeindebund Anzeige eingereicht hat.
Publiziert: 02.09.2023 um 01:11 Uhr
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Aktualisiert: 02.09.2023 um 08:51 Uhr
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Ein Fall für den Staatsanwalt: Titelseite der «Gipfel Zytig».
Foto: Screenshot
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Michael SahliReporter News

Die Kontroverse um jüdische Touristen in Davos GR beschäftigt die Staatsanwaltschaft. Auslöser ist eine abstossende Frontseite der Davoser «Gipfel Zytig» laut Eigenbeschrieb ein «Organ für den Tourismus»: drei Jahrzehnte alt, mit einer wöchentlichen Auflage von über 15'000 Exemplaren und Inseraten von der lokalen Spenglerei bis zur Pizzeria. Am 23. August titelte das Blatt: «Davos: Ein ‹Scheissdreck› auf der Terrasse». Darüber prangte das Foto von offenbar menschlichen Ausscheidungen. Diese stammen «unzweifelhaft von einem menschlichen Wesen mit jüdischer Abstammung», heisst es im Text. Für Jonathan Kreutner (44), Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), war damit eine Grenze überschritten, wie er zu Blick sagte.

Der SIG reichte bei der Bündner Staatsanwaltschaft Anzeige ein. Diese bestätigt, dass ein entsprechendes Verfahren pendent ist.

«Gipfel Zytig» beschäftigte Gerichte

Heinz Schneider (69), der Mann hinter der «Gipfel Zytig», verteidigt seine Titelseite, wie er gegenüber Blick am Telefon klarmacht. Er redet sich in Rage. Und meint: Er habe viele positive Rückmeldungen bekommen, auch von Hoteliers und Leuten aus der Tourismusindustrie. Fazit: «Ich entschuldige mich sofort, wenn mir diese Person, die den Dreck hinterlassen hat, plausibel erklärt, warum sie das getan hat.»

Mit Gerichten hat der 69-Jährige Erfahrung. «Zwei oder drei Mal», sei er bereits verurteilt worden, sagt er. «Immer wegen Rassismus.» Und immer «unfair», wie er meint. Er sei kein Antisemit und schon gar kein Rassist, beteuert Schneider: «Meine Frau ist Asiatin.»

2018 bestätigte das Bündner Kantonsgericht Schneiders zweite Verurteilung wegen Rassendiskriminierung. Damals ging es unter anderem um Muslime, die in der «Gipfel Zytig» implizit mit Wildschweinen verglichen wurden, wie die «Südostschweiz» schrieb. Text: «Sie tragen keine Kopftücher … keine Messer … gehen nicht in fremde Häuser … aber: Auf die darf geschossen werden». Ein anderer Beitrag richtete sich gegen Dunkelhäutige. Dieses Jahr setzte es eine Presserats-Rüge ab. Stein des Anstosses auch hier: Herabsetzende Veröffentlichungen über Menschen dunkler Hautfarbe.

Ein Anwalt schätzt ein

Anwalt Martin Steiger hat die fragliche Frontseite angeschaut und hält einen Strafbefehl oder eine Verurteilung für denkbar: «Relevant ist das Gesamtbild. Dieses Foto wird mit der Unterstellung verbunden, ‹menschliche Wesen mit jüdischer Abstimmung› hätten sich damit ‹für die Gastfreundschaft bedankt›. Ich fände es anspruchsvoll, diesen Herrn erfolgreich zu verteidigen.» Am Ende sei es an der Staatsanwaltschaft, ob sie allenfalls einen Strafbefehl ausstelle, oder am Gericht, ob es den Autoren verurteile. 

Steiger gibt auch zu bedenken: Eine Verurteilung lässt eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft zu. Bestehen bereits Vorstrafen, kann das auf eine unbedingte Freiheitsstrafe hinauslaufen.

Die Kontroverse um jüdische Touristen wurde vom Davoser Tourismus-CEO Reto Branschi (64) angestossen. Der beklagte sich über Littering und schlechtes Benehmen der orthodoxen Gäste und kündigte die Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund auf.

«Belegen Betten, die sonst leerstehen würden»

Es gab aber auch andere Stimmen aus Davos: Landrat Hans Vetsch (parteilos) veröffentlichte einen Leserbrief in der Davoser Zeitung: «Gehts noch», fragt er die «Kritiker unserer jüdischen Gäste». Er sei erstaunt und erschüttert, was den jüdischen Gästen alles unterstellt werde.

Und er gibt zu bedenken: «Diese Gäste belegen in der Sommersaison Hunderte von Ferienwohnungen und Hotelbetten, die sonst leerstehen würden.» Zehntausende Franken Gästetaxen kämen täglich zusammen. Fazit: «Die Gründer des Kur- und Ferienortes würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie die aktuelle Diskussion verfolgen könnten.»

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