Sie haben schlimme Erfahrungen gemacht und wollen nicht länger schweigen: Soldatinnen der Schweizer Armee berichten gegenüber «Watson» über Sexismus und Diskriminierung. Auch von übergriffigen Kollegen und Vorgesetzten ist die Rede.
«Jede Frau, die das Militär gemacht hat, kann Beispiele nennen, wie sie diskriminiert oder sexistisch beleidigt wurde», zitiert das Nachrichtenportal eine Schweizer Soldatin. Eine andere Rekrutin erzählt von einem traumatischen Erlebnis: «Sie haben über meine Brüste gesprochen, sobald ich ihnen den Rücken zudrehte. Und die ganze Runde lachte. Ich versuchte danach, sie noch besser zu verstecken.»
Manchmal werde den Soldatinnen unterstellt, sie seien nur wegen der Männer im Militär. Die Vorgesetzten würden wenig gegen die desaströsen Zustände tun, so der Vorwurf der Armeeangehörigen.
Tendenz geht zum «Victim Blaming»
«Alle Frauen in der Armee, mit denen ich mich austausche, sehen das Problem und den Handlungsbedarf», erklärt in dem Bericht Carmen Affentranger, Präsidentin des Vereins Frauen im TAZ (Tarnanzug). Die Einrichtung setzt sich für weibliche Mitglieder der Armee ein. Es gebe aktuell keine richtigen Massnahmen gegen Diskriminierung und sexuelle Gewalt, kritisiert sie. Die Tendenz gehe zum «Victim Blaming», das bedeutet, dass man dem Opfer die Schuld gibt.
In der vergangenen Woche war das Thema in die mediale Öffentlichkeit gelangt, nachdem bekannt wurde, dass es ein Angehöriger der Stabskompanie des Zürcher Infanterie-Bataillons 65 (Inf Bat 65) beim WEF-Einsatz in Davos mutmasslich ein Sexualdelikt an einer Soldatin begangen hatte.
Gegen den Mann wurde eine Untersuchung eröffnet. Vier bis sechs solcher Fälle registriert die Armee pro Jahr, erklärte Militärjustiz-Sprecher Florian Menzi gegenüber «Watson». Aktuell gebe es 17 Verfahren, die Vorfälle behandeln, bei denen ein Sexualdelikt vorliegen könnte. Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat die Armee 2022 die Melde- und Beratungsstelle für Frauen in der Armee und Diversität (FiAD) eingeführt. Diese soll bei frauenspezifischen Fragen und Bedürfnissen sowie in Diversitätsanliegen als Anlaufstelle dienen, erklärte Armeesprecher Stefan Hofer. (nad)