Grosi Agatha (77) wieder auf freiem Fuss
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Nach vier Tagen im Knast:Grosi Agatha (77) wieder auf freiem Fuss

Grosi Agatha Bortolin (77) aus Amriswil TG zurück aus dem Knast
«Ich durfte in den vier Tagen nur ein Mal duschen»

Agatha Bortolin (77) ging ins Gefängnis, weil sie sich geweigert hatte, eine Busse wegen Fahrerflucht zu bezahlen. Vier Tage sass sie hinter Gitter. Jetzt spricht sie über ihre Erfahrungen – und wie rot lackierte Fingernägel ihre Würde erhalten haben.
Publiziert: 20.10.2021 um 01:27 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2021 um 14:51 Uhr
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Agatha Bortolin (77) sass vier Tage im Knast, weil sie sich geweigert hatte, eine Busse von 1280 Franken für eine vermeintliche Fahrerflucht zu zahlen.
Foto: Marco Latzer
Jana Giger

Vier Tage sass Agatha Bortolin (77) aus Amriswil TG im Knast. Und alles nur, weil sie Busse von 1280 Franken wegen Fahrerflucht nicht zahlen wollte. Anwohner wollen gesehen haben, wie Bortolin in ihrem Toyota bei einem Wendemanöver eine Sandsteinmauer touchierte und einfach davonfuhr. Bis heute sagt das zwölffache Grosi: «Ich war das nicht. Ich bin unschuldig.» Zunächst hatte sie gezögert, doch dann Ernst gemacht. Lieber hinter Gitter als zu bezahlen.

Jetzt ist sie wieder daheim, sitzt statt auf der harten Pritsche gemütlich auf ihrem Sofa. «Mir gehen ein Haufen Dinge durch den Kopf. Ich habe sehr viel erlebt», sagt sie zu Blick.

«Der Zugang zur Aussenwelt fehlt»

Mit rot lackierten Fingernägeln trat Bortolin letzten Donnerstag ihre Haftstrafe an. «Ich mache das selten, aber in diesem Moment haben die lackierten Nägel meine Würde erhalten.» Im Knast sind die Betreuer die einzigen Menschen, mit denen die renitente Rentnerin Kontakt hatte. Der Grund: Wer ins Gefängnis kommt, muss zehn Tage in Quarantäne.

«Die Betreuer – sie werden nicht Wärter genannt – waren alle unglaublich nett zur mir und haben mich gut behandelt», erinnert sich die 77-Jährige an die kurze Knast-Zeit. In ihrer Zelle stand ein Fernseher, der ein paar wenige Sender empfangen konnte. Ein Fenster in die Welt, um zu wissen, was draussen passiert. «Aber der Zugang zur Aussenwelt fehlt trotzdem.»

Stunden bis zur Entlassung gezählt

Wegen der Quarantäne ist im Gefängnis aktuell alles etwas strenger als sonst. Ein Aufenthalt im Freien ist nicht möglich. Bortolin durfte nur auf einem halboffenen Platz von etwa drei mal sechs Metern spazieren gehen. Auch die Hygiene gestaltet sich schwierig, weil die Duschen nach jedem Gebrauch gereinigt und desinfiziert werden müssen. «Ich durfte in den vier Tagen nur ein Mal duschen. Aber irgendwann riecht man sich selbst nicht mehr.»

Die meiste Zeit habe sie gelesen oder gemalt. Wirklich abgelenkt habe sie das aber nicht. «Ich hatte eine Leere in mir und zählte die Stunden bis zur Entlassung», sagt das Grosi.

«Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt»

Regelmässig ging die Klappe ihrer Zelle auf, und ein Betreuer schob Bortolin das Essen hin. Es sei lieblos angerichtet gewesen und habe nicht wirklich viel Geschmack gehabt. Das Grosi zu Blick: «Immerhin war es warm und füllte den Magen, aber es ist kein Wunschkonzert. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.»

Sie sei froh, wieder daheim zu sein. «Die Erfahrungen im Knast geben mir zu denken», so Bortolin. Aber etwas sei ihr bewusst geworden: «Im Vergleich zu anderen Ländern geht es uns in der Schweiz auch im Gefängnis gut.»

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