Georgeta Marcu (42) aus Deutschland ist verzweifelt. Seit Mitte Mai vermisst sie ihren Sohn Stefan Ionita (21). Im Kanton Graubünden verliert sich seine Spur. Die Mutter reiste deswegen mehrmals aus dem Bundesland Rheinland-Pfalz in die Schweiz. In Deutschland gibt es eine offizielle Vermisstenmeldung und eine Fahndung.
Von zu Hause verschwunden war der Sohn in der Nacht vom 18. auf den 19. Mai: Die Mutter wünscht ihm am Abend noch eine gute Nacht. Am Morgen darauf ist Stefan weg. Seither bangt Marcu um das Leben ihres Sohnes.
Aber die gebürtige Rumänin hofft auch. Es ist die Hoffnung, dass Stefan noch lebt. Deshalb ist sie Anfang August bereits zum dritten Mal seit dem Verschwinden ihres Sohnes in die Schweiz gekommen, um ihn zu suchen.
Es ist ein Freitag, als Blick sie bei dieser aufwendigen Suche begleitet. Treffpunkt ist jener Parkplatz in Felsberg GR, auf dem Stefans weisser Hyundai Ende Mai gefunden wurde. Seine Gegenstände liess er zurück. Es ist die letzte bekannte Spur von ihm.
Mutter weint
Von dort aus klapperte Marcu alles ab. Ging mit einer Luftseilbahn in die Höhe, war bei Alphütten. Und im Wald. «Er liebt den Wald», erzählt sie. «Vielleicht hatte er dort einen Unfall.» Marcu weint. Doch sie bleibt stark. Und sucht weiter. Unermüdlich. Sie fragte auch in Spitälern und Psychiatrien der Region nach.
Erfolglos. Oder wie das Polizeipräsidium in Trier (D) auf Blick-Anfrage sagt: «Die Spur verliert sich auf dem Parkplatz. Unsere Fahndung hat nach wie vor Bestand, da es keine neuen Erkenntnisse zu seinem Aufenthaltsort gibt.»
Allerdings gibt es zwei rätselhafte Beobachtungen, welche die Mutter nun umtreiben. So sind zwei Zeuginnen davon überzeugt, Stefan gesehen zu haben. Beide erwähnen eine junge Frau an seiner Seite.
Die eine Zeugin ist Ursula Hoffmann (56), Wirtin des Berggasthauses Gigerwald in Vättis SG. Marcu besuchte sie bei ihrer ersten Suchaktion in der Schweiz – gleich nach Stefans Verschwinden. Jetzt geht die Mutter mit Blick erneut zum Gasthof. Und die Wirtin sagt klar: «Er war hier. Zu einhundert Prozent. Und hat eine Apfelschorle getrunken.» Das sei im Mai gewesen. «Als Stefan da war, wusste ich aber noch nicht, dass er vermisst wird.»
«Kleines, schlankes Mädel mit langen, dunklen Haaren»
Die Beizerin erinnert sich an ein wichtiges Detail: «Ich hab mir Stefans Autokennzeichen eingeprägt. Es war speziell. Ich bin auch Deutsche, aber kannte dieses Kürzel nicht.»
Ebenfalls erinnert sich die Wirtin daran, dass Stefan nicht alleine da war, sondern in Begleitung einer jungen Frau. «Ein kleines, schlankes Mädel mit langen, dunklen Haaren.» Wie Stefan auch sei sie sehr ruhig gewesen und habe kaum gesprochen. «Ob die beiden als Paar da waren, konnte ich nicht beurteilen.» Nur: «Sie haben ein Zmorge genommen, aber nicht viel. Das Mädchen hat bezahlt – bar.»
Eine Dunkelhaarige kommt auch in den Schilderungen der zweiten Zeugin vor, Fabienne B.* (34) aus Felsberg. «Ich war im Auto und ging nach Hause. Da kreuzte ich einen jungen Mann, der auf der Brücke über den Rhein lief», sagt die Bündnerin zu Blick. «Er war in Richtung Bahnhof Felsberg unterwegs. Eine junge Frau mit dunklen Haaren lief höchstens drei bis vier Meter hinter ihm.»
Sie sei sicher, dass es sich beim Mann um Stefan Ionita gehandelt habe, meint Fabienne B. «Ich erkannte ihn an seinen blondierten Haaren. Ich bin Coiffeuse, mir fällt so etwas auf.» Und: «Er wirkte, als sei er in Eile gewesen.» Und zur jungen Frau meint sie: «Sie war deutlich kleiner als er.»
Mehr Vermisstenfälle
«Gedanke, dass Stefan nicht alleine ist, erleichtert mich»
Auf weitere Details habe sie nicht geachtet, sagt die Coiffeuse. «Ich weiss nur noch, dass es im Mai war. Ich wusste ja zum Zeitpunkt der Begegnung noch nicht, dass Georgeta Marcu ihren Sohn vermisst.» Erst später erfährt sie davon. Dann kommt es zum Kontakt mit Stefans Mutter.
Diese wiederum kann sich bis heute keinen Reim darauf machen, wer diese mysteriöse Dunkelhaarige sein könnte. «Aber der Gedanke daran, dass Stefan möglicherweise nicht alleine ist, erleichtert mich», sagt sie.
Zu diesen beiden Sichtungen durch die Zeuginnen will sich die deutsche Polizei auf Anfrage nicht äussern. Details zur Ermittlungsarbeit würden derzeit nicht öffentlich kommuniziert. Und auch Markus Walser von der Kapo Graubünden kann Blick die beiden Sichtungen nicht bestätigen.
Trotzdem hofft Mutter Georgeta Marcu weiter. Sie bittet die mysteriöse junge Frau mit den dunklen Haaren nur um eines: «Melde dich bei mir!»
* Name bekannt