Die wilde Gletscherwelt des Berninamassivs hautnah erleben und ihr gleichzeitig einen ehrenvollen Dienst erweisen – diese Chance bot sich am 17. August 48 Freiwilligen. So steht es in der Medienmitteilung zum Glacier Clean-Up-Day im Oberengadin. Unter Anleitung von Bergführern der Bergsteigerschule Pontresina sammelten Helfer auf dem Persgletscher bei der Diavolezza insgesamt 250 Kilogramm Abfall. Dabei kamen überraschende Fundstücke aus dem vergangenen Jahrhundert zum Vorschein.
«In diesem Jahr haben wir viel Plastikmüll gefunden. Es ist wichtig, diesen zu entsorgen, da sich das Plastik sonst zersetzt und ins Wasser gelangt», sagt Gian Luck, Bergführer und Geschäftsführer der Bergsteigerschule Pontresina. Denn der Abfall besteht zum grössten Teil aus kleinteiligem Plastik, Dosen, Alufolie und Glasscherben.
Aus Abfall wird Kunst
Unter der geschmolzenen Schneedecke kamen auch besondere Hinterlassenschaften zum Vorschein: ein gepackter Rucksack mit Seil, Harscheisen, eine Landkarte und eine Fotokamera aus dem vergangenen Jahrhundert. Ein Archäologe aus Graubünden versucht jetzt, den darin enthaltenen Film zu entwickeln.
Der gesammelte Abfallberg wurde nach der Aktion von der Gemeinde Pontresina fachgerecht entsorgt. Die interessanten Fundstücke wurden der Engadiner Holzbildhauerin Nora Engels übergeben: darunter ein rostiger Eispickel, ein Steigfell, Handschuhe und eine weitere Fotokamera. Die Engadinerin wird diese Gegenstände in ihre Kunst einbauen und daraus Holzfiguren herstellen. Der Erlös soll dem Gletscherprojekt Mortalive zugutekommen.
Im Vorjahr waren es 740 Kilogramm Müll
«Bei der Aufräumaktion geht es nicht nur darum, den Gletscher von Unrat zu befreien. Wir möchten auch auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gletscher und den Wasserhaushalt aufmerksam machen», erklärt Nicolà Michael, Leiter Marketing & Sales der Diavolezza Lagalb AG.
Der Clean-Up-Day soll auch im nächsten Jahr wieder stattfinden. Denn die Aktion lohnt sich. 2022 kamen bei der ersten Aufräumaktion etwa 740 Kilogramm Abfall zusammen. Jetzt waren es 500 Kilogramm weniger. Rund 60 Helfer waren damals am Persgletscher im Einsatz. Michael ist mit dem Ergebnis zufrieden: «Die Fundmenge im Vergleich zum Vorjahr zeigt, dass wir den liegengebliebenen Müll bereits reduzieren konnten und es langfristig sinnvoll ist, einmal im Jahr den Gletscher aufzuräumen.» (gs)