Gift-Land Schweiz
Hier lauert die Gefahr im Boden

Fast 40'000 mit Giftstoffen belastete Standorte gibt es in der Schweiz – eine Fläche so gross wie der Kanton Zug. Ein Überblick.
Publiziert: 26.04.2023 um 00:43 Uhr
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Apokalypse an der Autobahn A1: Die Sondermülldeponie Kölliken AG musste Gift-Fass für Gift-Fass ausgegraben werden.
Foto: Keystone
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Michael SahliReporter News

Die Schweiz, das Land der Altlasten. Jahrzehntelang haben wir unsere Abfälle einfach in die Natur gekippt, darunter giftige Chemikalien, Sprengstoffe und radioaktives Material. Die Sanierung ist ein Generationenprojekt. Der Bund geht davon aus, dass die Bereinigung aller Gift-Plätze erst nach 2040 abgeschlossen sein wird.

Kein Wunder: Ganze 38'000 belastete Standorte hat der Bund schweizweit gefunden. Betroffen ist eine Fläche so gross wie der Kanton Zug. 4000 dieser Standorte gelten als sanierungsbedürftig, stellen also eine Gefahr für Mensch und Umwelt dar. 1600 Altlasten sind bereits saniert worden. Aber noch immer schlummern in unseren Böden böse Überraschungen, wie in der Stadt Lausanne, wo 2021 alarmierende Dioxin-Messresultate bekannt wurden.

Ein Überblick über einige der Schweizer Gift-Zonen:

Sondermülldeponie Kölliken AG: Zwischen 1978 und 1985 wurde eine ehemalige Tongrube zur Sondermülldeponie. Nur: Trotz einer Tonschicht sickerte das Gift ins Grundwasser, es kam zum Fischsterben. Zur Sanierung ab 2005 wurde eine gigantische Halle hochgezogen. Betreten war nur mit Schutzanzug und Sauerstoffflasche möglich. Giftfass für Giftfass wurde aus dem Boden geholt, analysiert und entsorgt. Kosten: über 900 Millionen Franken.

Schiessanlagen in der ganzen Schweiz: 4000 Schweizer Schiessanlagen gelten als belastet. Mehrere zehntausend Tonnen giftiges Blei und andere Schwermetalle vermutet der Bund um die Schützenhäuser herum. Jedes Jahr kommen 200 Tonnen des giftigen Materials dazu. Damit ist das Schiessen der mit Abstand grösste Verursacher von Bleiverschmutzungen.

Mitholz BE: Im Berner Oberland lauert im Boden eine Gefahr der anderen Art: 3500 Tonnen Bomben und Munition wurden hier bei einer Explosion im Jahr 1947 verschüttet. Seit 2020 ist klar: Der Sprengstoff muss aus dem Berg geholt werden, weil das explosive Material noch immer gefährlich ist. Es ist ein Mammutprojekt, das auf 25 Jahre ausgelegt ist und über 2,5 Milliarden Franken kosten wird. Dutzende Familien werden während der Räumung ihre Häuser verlassen müssen.

«Das ist meine Heimat»
2:29
Evakuierung von Mitholz:170 Einwohner und tonnenweise Bomben

Areal Rheinlehne, Pratteln BL: Bis 1908 stand hier eine Chemiefabrik, die einen roten Farbstoff herstellte. Das Rezept: Ein Öl auf Indigo-Basis wird mit Arsen gemischt und erhitzt. 170 Tonnen Arsen gelangten so in den Boden. Der Stoff wurde bei Bauarbeiten in den 1950er-Jahren dann auch noch über eine Fläche von 30'000 Quadratmeter verteilt. Das Arsen steckt bis zu zehn Meter tief im Boden und befindet sich so auch im Bereich des Grundwassers. Eine Sanierung ist geplant. Kostenschätzung: 140 Millionen.

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