Die Schweiz hat im Fall einer früheren Geiselnahme in Pakistan den Taliban 1,25 Millionen Dollar Lösegeld angeboten. Dies sagte die ehemalige Schweizer Taliban-Geisel Daniela Widmer in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Zu einer Zahlung sei es nicht gekommen. Sie und ihr damaliger Partner hätten schliesslich den Entführern entkommen können.
Es werde bei Entführungen fast immer Lösegeld bezahlt, sagte Widmer zehn Jahre nach ihrer Geiselnahme und kurz bevor ihre Geschichte des Geiseldramas unter dem Titel «Und morgen seid ihr tot» Ende Oktober in die Deutschschweizer Kinos kommt. «Wenn Regierungen das Gegenteil behaupten, ist das ein Witz. Niemand kommt nur durch gute Verhandlungen und einen Händedruck frei.»
Im Fall von ihr und ihres Begleiters habe das letzte Angebot der Schweiz – eine Woche vor der Flucht – 1,25 Millionen Dollar betragen, die Taliban hätten aber 50 Millionen gewollt. «Da wussten wir, dass die Verhandlungen nie zu einem Ende kommen und uns nichts anderes bleibt, als zu fliehen.»
Berner Polizistenpaar
Das Berner Polizistenpaar war im Juli 2011 auf einer privaten Reise im Nordosten der pakistanischen Provinz Belutschistan entführt worden. Laut offizieller Darstellung gelang beiden nach gut acht Monaten die Flucht, als sie ihr Gefängnis in einem unbewachten Moment verlassen und sich zu einem Stützpunkt der pakistanischen Armee retten konnten.
Laut dem Schweizer Aussendepartement floss kein Lösegeld. Dennoch entstanden für den Bund erhebliche Kosten. Während der 259 Tage Geiselhaft waren mehrere Beamte ständig mit dem Fall beschäftigt.
Langes Leiden
Widmer schilderte im Interview erneut ihre Strapazen. «Nachdem sie uns überfallen und zwei Wochen lang über die Berge verschleppt hatten, wir tagsüber in Ziegenställen schlafen und nachts auch durch Sümpfe waten mussten, gab es pro Tag zwei Eier und braunes Dreckwasser.» Sie habe ein halbes Jahr an Durchfall gelitten und ihr Partner habe zweimal Malaria gehabt. Er habe 22 Kilo abgenommen.
Die Ex-Geiseln wurden nach ihrer Rückkehr heftig kritisiert, weil sie sich trotz Warnung selber in Gefahr gebracht hätten. «Manche haben uns sogar den Tod gewünscht», so Widmer. Sie verteidigte sich, sie hätten sich gut vorbereitet. «Hätten wir von Entführungen gewusst, wären wir niemals da durchgefahren.» Letzten Endes seien immer die Entführer die Täter. (SDA)