Zehn Jahre ist es her, seit Daniela Widmer (38) und ihr damaliger Freund David Och (40) in Pakistan von Taliban entführt wurden, erst nach 259 Tagen gelingt dem Schweizer Paar die Flucht. Jetzt kommt das Geiseldrama ins Kino, Regisseur Michael Steiner (51) erzählt in «Und morgen seid ihr tot» die Geschichte aus der Perspektive der Entführungsopfer.
Durch die kürzliche Machtübernahme der Taliban in Afghanistan bekommt der Film eine tragische Aktualität. «Die Taliban haben sich wieder ins Zentrum der Weltpolitik gerückt», sagt Steiner. «Die Geiselnahme geschah allerdings in Pakistan und durch dort ansässige Taliban-Gruppierungen.» Dabei ginge es nicht nur um einen religiösen Konflikt, sondern einen territorialen – um das Land der Paschtunen, das auch in Pakistan liegt. «Dieser Konflikt gärt schon seit 1947, als nach dem Zweiten Weltkrieg neue Grenzen gezogen wurden. Für die Geiseln war es aber auch ein Glück, dass sie nach den Gesetzen der Paschtunen behandelt wurden, Gastfreundschaft und Moral sind bei ihnen oberstes Gebot.»
Am Filmdreh in Rajasthan
Wegen Corona haben sich die Dreharbeiten verzögert. Beim Besuch von Blick am Filmset in Rajasthan in Nordindien im Februar 2020 ahnte noch niemand etwas von der Pandemie. Es ist Drehtag Nummer 13, die Szene spielt im Sommer 2011, zu diesem Zeitpunkt ist die Welt für Daniela Widmer und David Och noch in Ordnung: Das Paar vergnügt sich am Pool, bevor es an die Rückreise geht, die beiden bereisten mit dem VW-Bus die alte Seidenstrasse, die durch Pakistan führt. In die Rolle des Paars schlüpfen die Schauspieler Sven Schelker (31) und Morgane Ferru (30).
Was im Spielfilm eine Minutenfrequenz ist, nimmt einen halben Drehtag in Anspruch. Zehnmal springt Schelker in den Pool, während Ferru auf dem Liegestuhl eine Zeitung liest und nass gespritzt wird. Rundum ist die Crew im Einsatz, Michael Steiner hat am Monitor jedes Detail im Auge und gibt in ruhigem Ton Anweisungen. Die Schauspieler bleiben gelassen und konzentriert, auch wenn sie sich jedes Mal wieder trocknen und schminken lassen müssen.
Im Sommer 2011 reiste Daniela Widmer (38) mit ihrem damaligen Freund David Och (41) im VW-Bus nach Indien. Auf der Rückfahrt durch Pakistan wurde das Paar in der Stadt Loralai entführt und in die Taliban-Hochburg Waziristan verschleppt. Misshandelt wurden sie nicht, lebten aber achteinhalb Monate in ständiger Todesangst und unter schlimmsten hygienischen Bedingungen. David Och erkrankte zweimal an Malaria und nahm 22 Kilo ab. Die Verhandlungen mit der Task-Force scheinen aussichtslos, das Lösegeld stieg zuletzt auf 50 Millionen US-Dollar. Schliesslich gelingt dem Paar - beide sind ausgebildete Polizisten - in der Nacht vom 15. März die Flucht. Experten zweifeln diese Version an, es entsteht eine - die Ex-Geiseln wurden in der Schweiz heftig kritisiert, weil sie sich selber in Gefahr gebracht hätten. Nach der Rückkehr in die Schweiz trennte sich das Paar, gemeinsam veröffentlichten sie das Erlebt im Buch «Und morgen seid ihr tot». Widmer wurde im Februar 2019 Gemeindeammann von Bellikon und seit 2015 ist sie Mutter einer Tochter. Och hat seinen Beruf als Polizist aufgegeben.
Im Sommer 2011 reiste Daniela Widmer (38) mit ihrem damaligen Freund David Och (41) im VW-Bus nach Indien. Auf der Rückfahrt durch Pakistan wurde das Paar in der Stadt Loralai entführt und in die Taliban-Hochburg Waziristan verschleppt. Misshandelt wurden sie nicht, lebten aber achteinhalb Monate in ständiger Todesangst und unter schlimmsten hygienischen Bedingungen. David Och erkrankte zweimal an Malaria und nahm 22 Kilo ab. Die Verhandlungen mit der Task-Force scheinen aussichtslos, das Lösegeld stieg zuletzt auf 50 Millionen US-Dollar. Schliesslich gelingt dem Paar - beide sind ausgebildete Polizisten - in der Nacht vom 15. März die Flucht. Experten zweifeln diese Version an, es entsteht eine - die Ex-Geiseln wurden in der Schweiz heftig kritisiert, weil sie sich selber in Gefahr gebracht hätten. Nach der Rückkehr in die Schweiz trennte sich das Paar, gemeinsam veröffentlichten sie das Erlebt im Buch «Und morgen seid ihr tot». Widmer wurde im Februar 2019 Gemeindeammann von Bellikon und seit 2015 ist sie Mutter einer Tochter. Och hat seinen Beruf als Polizist aufgegeben.
Für Steiner der erste Dreh in Indien
Nass wird bei der Szene auch die Zeitung, davon gibt es allerdings genug, Steiner hat die Exemplare aus dem Jahr 2011 in Indien nachdrucken lassen, die Schlagzeile: «Osama bin Laden ist tot!» Ein wichtiger Faktor für die Story. «Die Amerikaner waren dafür verantwortlich. Man vermutet, dass das einer der Gründe sein könnte, warum das Paar entführt worden ist», erklärt Steiner. «Möglich, dass man sie für Amerikaner hielt, und die Geiselnahme war ein Racheakt.»
Für Steiner war es das erste Mal, dass er in Indien drehte. Mit Bollywood ist dort die grösste Filmindustrie überhaupt ansässig: «Es war eine tolle Erfahrung, es sind echte Profis, die ihr Handwerk verstehen und das Kino lieben.» Der Regisseur reiste mit einer eigenen Crew an, dazu kamen lokale Mitarbeiter. Auch sonst seien die Bedingungen in Rajasthan ideal gewesen: «Das Wetter ist ein bisschen wie in Kalifornien, so um 25 Grad, also nicht zu heiss und trocken.»
Dreh wegen Pandemie unterbrochen
Mit der Pandemie hatte allerdings niemand gerechnet. Ende März musste die Crew zusammenpacken, und lange Zeit war nicht klar, wann und wie es weitergehen würde: «Diese Ungewissheit war das Schwierigste. Darum waren wir sehr erleichtert, dass wir im Dezember noch die letzten fünf Drehtage anhängen konnten.» Gedreht wurde wegen Corona in Südspanien – immer mit der Unsicherheit, dass am Set jemand positiv getestet werden könnte.
Laut Steiner lief aber alles wie am Schnürchen. Auch für die Schauspieler war die monatelange Drehpause unproblematisch: «Sven und Morgane sind Profis, sie waren sofort wieder in ihren Charakteren drin.» Denn egal ob in Indien oder Spanien: «Im Film sind wir in Pakistan, in der damaligen Taliban-Hochburg Wasiristan. Wichtig ist, dass der Zuschauer miterleben kann, was die beiden dort durchgemacht haben.»
Premiere feiert der Streifen am Opening des Zurich Film Festival am 23. September. Damit eröffnet Steiner bereits zum zweiten Mal das ZFF, 2010 war «Sennentuntschi» der Eröffnungsfilm, 2018 hatte «Wolkenbruch» Weltpremiere am ZFF.
«Und morgen seid ihr tot», ab 28. Oktober in den Schweizer Kinos.
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