Kerze und Blumen vor dem Wohnblock von Albina V. (†32)
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Kosovarin getötet:Kerze und Blumen vor dem Wohnblock von Albina V. (†32)

Freundinnen des Opfers erzählen nach dem Femizid in Rapperswil-Jona SG
«Albina litt sehr in dieser Ehe – sie wurde auch geschlagen»

Geschlagen, überwacht, getötet – Albina V. (†32) aus Rapperswil-Jona SG musste bis zu ihrem Tod viel Leid durch ihren Ehemann erfahren.
Publiziert: 15.03.2022 um 19:13 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2022 um 20:25 Uhr
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Albina V. (†32) wurde in der Nacht auf Samstag in Rapperswil-Jona mutmasslich von ihrem Ehemann Ardit V. (35) getötet.
Foto: Zvg
Céline Trachsel und Nicolas Lurati

Albina V. (†32) sei eigentlich eine sehr aufgestellte Frau gewesen. «Ausser, wenn sie wieder einmal von ihrem Mann geschlagen wurde. Dann merkte man ihr an, dass es ihr nicht gut ging», sagt eine Freundin zu Blick. «Gesagt hat sie leider nie etwas.»

Aber Albina V. habe ganz offensichtlich keine glückliche Ehe mit Ardit V. (35) geführt. «Sie wirkte oft müde und vergass in letzter Zeit viele Dinge. Es plagte sie etwas, das war ihr anzusehen.» Bei der Arbeit hatte sie oft geweint, sagt eine Arbeitskollegin. «Es war ganz schlimm Zuhause.»

In der Nacht geweckt, um zu streiten

Die zweifache Mutter aus Rapperswil-Jona SG wurde in der Nacht auf Samstag brutal getötet. Der Mann hatte laut Mitteilung der Kantonspolizei St. Gallen nachts um 3.20 Uhr selber die Polizei gerufen und gesagt, er habe seine Frau schwer verletzt. Als die Einsatzkräfte eintrafen, war die zweifache Mutter bereits tot. Die Polizei verhaftete den mutmasslichen Täter. Für den Mann wurde unterdessen Untersuchungshaft angeordnet.

In Rapperswil wird erzählt, Ardit V. soll seine Frau, die bei den Kindern schlief, mitten in der Nacht aus dem Bett gezerrt und sie nach einem heftigen Streit in einem anderen Zimmer getötet haben. Angeblich mit Hammer und Messer. Die Staatsanwaltschaft beantwortete gegenüber Blick keine Fragen zu Tathergang und -waffe.

Klar ist: In der Ehe der beiden lag vieles im Argen. Zwei Jahre nach der Hochzeit soll Albina V. das erste Mal von ihrem Mann geschlagen worden sein, erzählen Bekannte. Aber Albina V. sei ihres Wissens nie zur Polizei gegangen. «Sie war eine, die alles runterschluckte und weitermachte.»

Auch der Bruder des Täters wollte jemanden töten

Albina hatte Ardit V. im Kosovo kennen gelernt und geheiratet. Sie reiste dann mit ihm in die Schweiz. Hier war sie ohne eigene Verwandte und lebte unter demselben Dach wie die Familie ihres Mannes in der Rapperswiler Altstadt – inklusive Schwiegervater, Schwiegermutter, zwei Brüdern des Ehemannes und deren angeheirateten Frauen. «Doch die Gewalt in dieser Familie ist sehr schlimm», sagt eine Rapperswilerin. «Sie sind stadtbekannt. Viele ihrer Söhne sind Problemfälle. Polizei und Behörden sind involviert.»

Ein Bruder von Ardit V. wurde bereits wegen einer Gewalttat in den Kosovo ausgeschafft. Er stellte seiner Ex-Frau nach, als sich diese von ihm trennte. Als deren Bruder eingriff, ging V. mit einem Gerüstbauschlüssel auf diesen los und prügelte auf seinen Kopf ein. Der Fall ging bis vor Bundesgericht und endete mit einer Haftstrafe und Landesverweis.

Albina V. hatte die Hoffnung nie aufgegeben, dass es besser wird

«Die Männer von Familie V. sind gewaltbereit, kalt und erbarmungslos», sagt eine Rapperswilerin zu Blick. «Niemand will sich mit denen anlegen. Alle haben Angst.»

Dennoch blieb Albina V. bei ihrem Ardit. «Sie hat ihren Mann sehr geliebt, hat ihm auch grosse Überraschungen zum Valentinstag oder Geburtstag gebastelt», sagt eine Freundin. Eine andere Kollegin weiss: «Sie dachte immer, ihr Mann sei nicht so schlimm wie seine Brüder. Sie hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass er sich bessert.» Gelebt habe sie vor allem für ihren Sohn und ihre kleine Tochter.

Ardit V. tat indessen – nebst arbeiten – nicht viel für die gemeinsame Familie. «Er ging nie mit seiner Frau spazieren, obwohl sie ja ein Baby im Kinderwagen hatten», sagt eine Freundin. «Das wichtigste für ihren Mann war der Computer. Er spielte stunden- und nächtelang Online-Games.»

Albina habe gearbeitet, den Haushalt geschmissen und sich um die Kinder gekümmert. «Und gleichzeitig hat ihr Mann ihr Kontakte verboten und sie per GPS überwacht», wissen die Kolleginnen. «Trotz allem hielt sie es aus. Denn sie war ja alleine in der Schweiz und sie hatte grosse Angst um ihre Kinder.»

Bruder des Täters: «Albina und Ardit hatten eine schöne Ehe»

Eines weiss eine Freundin: «Nie hätte Albina gewollt, dass ihre Kinder bei Familie V. bleiben. Das hat sie mir mehrmals klar und deutlich gesagt.» Nun ist aber genau das eingetroffen: Die Behörden haben sie in der Täterfamilie, bei Ardits Bruder, untergebracht.

Gegenüber Blick sagt dieser: «Wir stehen alle noch unter Schock. Wir haben Albina auch alle sehr geliebt.» Gewaltvorwürfe weist er entschieden zurück. «In unserer Familie wird niemand geschlagen. Auch Albina und Ardit hatten eine schöne Ehe, sie waren sehr eng miteinander verbunden.» Die Tat schiebt er auf psychische Probleme seines Bruders. «Er hatte sowas wie ein Burn-out. Wir wollten ihn in eine Klinik bringen, doch er wurde abgewiesen.» Die Tat sei im Prinzip die Schuld der Behörden. Die Kinder wolle er nun mit seiner Frau gross ziehen.

Derweil liegt am Tatort vor dem Wohnblock ein kleines Kerzen- und Blumenmeer in Gedenken an die Getötete. «Es sterben immer nur die Guten», sagt eine Freundin. «Sie war so unglaublich lieb und hilfsbereit, das hat sie einfach nicht verdient. Ich hoffe, ihre Kinder kommen in eine gute Familie, wo sie so viel Liebe erhalten, wie Albina ihnen gegeben hat.»

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