Auf einen Blick
- Pink-Floyd-Coverband enttäuscht Fans in Zürich
- Der Veranstalter Star Entertainment betreibt eine fragliche Werbestrategie
- Tickets kosten bis zu 116 Franken für knapp eine Stunde Show
- Konzertbesucher fühlen sich abgezockt und fordern teils ihr Geld zurück
Es ist Samstagabend, der 28. Dezember 2024. Im Zürcher Kongresshaus herrscht Vorfreude. Etwa 400 Pink-Floyd-Fans sitzen gespannt auf ihren Stühlen. Sie haben sich versammelt, um «in die zeitlosen Klangwelten» der legendären Rockband einzutauchen – denn dieses Erlebnis hatte der Veranstalter versprochen. Für etliche Besucher wird der Abend jedoch zum musikalischen Albtraum.
Pink Floyd ist dafür nicht verantwortlich, schliesslich hat sich die Band längst aufgelöst. In die dadurch entstandene Marktlücke sind Coverbands gesprungen, die versuchen, das Original möglichst authentisch nachzuahmen. Das kann gelingen (sehr erfolgreich ist zum Beispiel «The Australian Pink Floyd Show») – oder es endet aus Sicht der Fans kläglich, so wie an diesem Abend.
Die Coverband, die in Zürich aufgetreten ist, trägt nicht einmal einen Namen. Ihr Programm besteht aus zwei Konzerten, die sie direkt hintereinander spielt: zuerst die Rockoper «The Wall», dann die Songs vom Album «The Dark Side of the Moon». Wer beide Aufführungen erleben möchte, muss zwei separate Tickets kaufen. Ein einzelnes Ticket kostet bis zu 116 Franken. Dabei wirbt der Veranstalter mit Versprechen, die fraglich sind.
Fans fühlen sich abgezockt
Das Konzert in Zürich hat Pink-Floyd-Fans aus der ganzen Schweiz angezogen. Lucien Morel* (56) reiste extra aus Lausanne VD an, um die Musik seiner Idole live zu erleben. Doch schon nach den ersten Tönen war seine Begeisterung verflogen. «Ich dachte nur: Oh Gott, das wird hart», erzählt er. Geplant gewesen sei ein zweistündiges Konzert, doch die Band habe sich nach einer Stunde frühzeitig verabschiedet. Morels Fazit: «116 Franken für eine Stunde Gejaule.»
Auch Michel Stettler (58), ein langjähriger Pink-Floyd-Fan, verliess das Konzert schwer enttäuscht. Die Sängerinnen hätten nur ins Mikrofon «gmöget», sagt er. «Anfangs dachte ich, irgendwo sei eine versteckte Kamera und wir würden alle veräppelt.» Noch nie habe er so ein schlechtes Konzert erlebt. «Ich rate allen davon ab, diese Coverband zu erleben.»
Der Gig in Zürich war der Auftakt einer europaweiten Tournee. Geplant sind auch weitere Auftritte in der Schweiz: am 14. April im Musical Theater in Basel, am 16. Mai im KKL Luzern. Doch die Kritik an der Konzertreihe ist bereits vernichtend. Auf der Ticketcorner-Website gab es Dutzende Negativbewertungen, der Schnitt liegt bei zwei von fünf Sternen. In der Kommentarspalte heisst es, die Akustik sei «übel», die Tonabmischung «mies», die Gitarrensolos «voller Fehler», die Leistung als Ganzes vergleichbar mit «einer lausigen Schülerband». Viele finden die Ticketpreise überrissen, sie fühlen sich angesichts der dargebotenen Show abgezockt, einige fordern ihr Geld zurück.
Stars – oder doch nicht?
Dabei hat der Veranstalter der Konzertreihe – die deutsche Firma Star Entertainment – auf Plakaten mit «Original-Bandmitgliedern der Pink-Floyd-Tourneen» und «weiteren Stars» geworben. Am linken Plakatrand stand dann aber geschrieben, dass Roger Waters, David Gilmour und Nick Mason nicht Teil der Show seien – also keiner der ehemaligen Köpfe von Pink Floyd. Wer sollen dann die Stars sein, die da auftreten?
Eine kurze Recherche von Blick zeigt: Die Coverband wurde von Durga McBroom (62) zusammengestellt, einer Ex-Background-Sängerin von Pink Floyd, die jedoch erst 1987 zur Band stiess – lange nachdem Alben wie «The Dark Side of the Moon» erschienen waren und Roger Waters die Musikgruppe bereits verlassen hatte.
Der andere «Star» der Coverband ist Harry Waters, ein Musiker mit knapp 5000 Instagram-Followern, der durch seinen Vater Roger Waters eine Verbindung zu Pink Floyd hat. Seinen grössten Auftritt hatte Harry im Song «Goodbye Blue Sky», in dem er als Kleinkind genau einen Satz sagte: «Look mummy, there’s an aeroplane up in the sky.» Der Veranstalter Star Entertainment hat mit ihm auf Facebook für das Konzert in Zürich geworben. Nur: Auf Anfrage bestätigt Harry Waters, dass er in Zürich gar nicht anwesend war. Er werde erst am 5. Januar in Brüssel zur Tournee stossen.
Blick hat Star Entertainment mit kritischen Fragen zur fraglichen Werbestrategie konfrontiert. Die Anfrage blieb unbeantwortet. Fest steht: Das Unternehmen hat sich auf die Nachahmung von Originalmusikern spezialisiert, denn das Geschäft mit Coverbands boomt. Mittlerweile füllen Band-Attrappen wie AB/CD, Maintallica oder die Beatles Revival Band ganze Hallen. Die Besitzer der Urheberrechte stören sich meist nicht daran, da sie einen Teil des Umsatzes erhalten. Als Fan lohnt es sich jedoch, die Coverbands vor dem Ticketkauf genau zu überprüfen. Nicht jede musikalische Reise in die Vergangenheit führt ans Ziel.
* Name geändert