Ermittler schliessen weder Mord, Suizid noch Unfall aus
Tod von Schweizer Top-Diplomatin im Iran (†51) bleibt mysteriös

Der Tod einer Schweizer Spitzendiplomatin im Iran bleibt rätselhaft. Berichten zufolge führte die 51-Jährige die Abteilung, die für Kommunikation zwischen Washington und Teheran verantwortlich ist. Iranische Ermittler schliessen einen Mord nicht aus.
Publiziert: 09.05.2021 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2021 um 11:11 Uhr
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Eine Schweizer Spitzendiplomatin starb in der Nacht auf Dienstag unter ungeklärten Umständen in Teherans wohlhabendem Stadtviertel Kamranieh.
Foto: Keystone

Der Tod einer 51-jährigen Schweizer Diplomatin im Iran bleibt rätselhaft. Sie war am Montagabend aus dem 17. Stock eines Hochhauses im Norden Teherans gestürzt und dabei ums Leben gekommen. Die Leiche der Diplomatin wurde erst acht Stunden nach der mutmasslichen Todeszeit von einer Hausangestellten auf dem Asphalt entdeckt.

Die Frau war die Erste Sekretärin der Botschaft und in der Abteilung tätig, die die diplomatischen Interessen der USA im Iran vertritt. Demnach arbeitete die Schweizerin seit mehreren Jahren in der Abteilung für «Fremde Interessen», seit Juli 2020 als stellvertretende Leiterin. Damit hatte die Diplomatin einen der schwierigsten und sensibelsten diplomatischen Posten im Iran.

Die Sektion kümmert sich auch um die Kommunikation zwischen dem Iran und den USA, die offiziell keine diplomatischen Beziehungen haben. Die Schweiz vertritt seit 1980 die Interessen von US-Bürgern im Iran. Demnach kümmerte sich die Diplomatin auch um amerikanische, im Iran inhaftierte Staatsbürger.

Abschiedsbrief

Laut der «Bild» hatte die Frau in dem 20-stöckigen Gebäude gewohnt und war an einer Stelle «unter ihrem Balkon gefunden worden». Passanten hatten den Leichnam offenbar längst bemerkt. Um das Opfer herum waren Geldscheine verstreut. Es ist eine im Iran verbreitete Geste bei Unfallopfern, Geldscheine auf sie zu werfen. Dies soll Unglück für die Augenzeugen abwenden.

Laut herbeigerufenen Notärzten war das Opfer schon «etwa acht Stunden» tot gewesen. Die iranische Zeitung «Hamshahri» zitiert Mitarbeiter der Schweizer Botschaft, die sich über den Tod ihrer Arbeitskollegin schockiert zeigten. Die hochrangige Diplomatin habe glücklich und voller Energie gewirkt und ihren Beruf sowie den Iran geliebt.

Laut Polizei hätten Beamte auf einem Tisch im Gästezimmer einen handgeschriebenen Abschiedsbrief gefunden. Dieser sei ohne Unterschrift und ohne Datum verfasst worden. In dem Brief soll die Top-Diplomatin im Detail ihren Nachlass geregelt haben. Zudem wünsche sie eine Feuerbestattung in der Schweiz.

Widersprüchliche Angaben

Merkwürdigerweise wird jedoch der Sprecher der Rettungsdienste, Mojtaba Khaledi, mit den Worten zitiert, dass Suizid «nicht als Ursache betrachtet werden» könne. Warum er da so sicher scheint, bleibt unklar.

Wie die Zeitung «Hamshahri» weiter berichtet, hätten Anwohner im Hochhaus 24 Minuten nach Mitternacht am Dienstag ein lautes Geräusch gehört, «wie eine Explosion» – rund acht Stunden, bevor die Leiche der Diplomatin entdeckt wurde.

Aussenminister Ignazio Cassis (60) äusserte sich «bestürzt über den tragischen Todesfall». Spezialisierte iranische Polizeieinheiten untersuchen den Fall. Dabei könne keine Hypothese ausgeschlossen werden, «einschliesslich Mord, Selbstmord oder Unfall», zitiert die Nachrichtenagentur AFP die iranischen Sicherheitsbehörden. (kes)

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