Er lebte unbehelligt in Berner Asylzentrum
Behörden wussten seit Monaten von Folter-Minister

Als Innenminister Gambias war Ousman Sonko Teil eines Terrorregimes, dann suchte er Asyl in der Schweiz. Diese nahm ihn im November auf – obwohl die Behörden im Bild waren.
Publiziert: 27.01.2017 um 15:51 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:49 Uhr
Er soll willkürliche Verhaftungen und Folter befohlen haben: Gambias früherer Innenminister Ousman Sonko lebte zwei Monate als Asylsuchender in der Schweiz.
Foto: Twitter

Zwei Monate lebte der gambische Ex-Minister Ousman Sonko unbehelligt im Asylzentrum Lyss BE – obwohl das Staatssekretariat für Migration (SEM) informiert war, um wen es sich bei dem Mann handelt: Als Innenminister war Sonko eine Schlüsselfigur des repressiven Regimes in Gambia und soll willkürliche Verhaftungen und Folter befohlen haben (BLICK berichtete). 

Sonko kam am 10. November in die Schweiz. Er wurde in Kreuzlingen TG befragt und vier Tage später ins Asylzentrum Lyss gebracht. «Das SEM kannte bei Eröffnung des Asylverfahrens die Bedeutung des Falles», sagt SEM-Sprecher Martin Reichlin zum «Bund». Und auch die zuständigen Stellen bei Bund und Kanton seien rechtzeitig und sachgerecht informiert worden. Trotzdem wurde nichts gegen den mutmasslichen Folter-Minister unternommen. 

Abwarten birgt negative Konsequenzen

Erst nachdem verschiedene Medien über den Fall berichteten und daraufhin die Genfer Nichtregierungsorganisation Trial Strafanzeige gegen Sonko einreichte, wurde dieser gestern von der Berner Kantonspolizei festgenommen und eine Untersuchung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit eröffnet

«Das hätte schon viel früher geschehen müssen», sagt Gabriel Püntener, der Berner Rechtsanwalt mit Spezialgebiet Asylrecht, zum «Bund». Für ihn ist klar: «Die Schweiz ist verpflichtet, bei Verdacht auf Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein Verfahren einzuleiten.»

Da Sonko zuerst in Schweden um Asyl bat und sich erst in einem zweiten Anlauf in die Schweiz absetzte, hätte sich sein Fall vielleicht nach einer Weile von selbst erledigt, weil der Gambier als Dublin-Fall ausgewiesen worden wäre. Püntener traut den Behörden ein berechnendes Abwarten durchaus zu.

Dies könnte Konsequenzen haben für die Schweiz, sagt der Rechtsanwalt. «Wenn sich herumspricht, dass die Schweiz mit solchen Fällen lasch umgeht, wird sie für Kriegsverbrecher, die Zuflucht suchen, attraktiv.» (kra) 

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