Ein Anästhesist erklärt
«Die Patienten müssen das Atmen danach erst wieder richtig trainieren»

Eine schwere Coronavirus-Erkrankung kann mehrere Wochen oder Monate andauern. Die Behandlung ist aufwendig. Für das Personal ist es eine Herkulesaufgabe, für die Patienten eine Qual. Ein Anästhesist spricht über Gefahren und Langzeitfolgen.
Publiziert: 26.11.2020 um 13:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2020 um 21:37 Uhr
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Die Behandlung von schwer erkrankten Corona-Patienten ist aufwendig – viele von ihnen müssen künstlich beatmet werden.
Foto: keystone-sda.ch

Die Behandlung und Pflege von Coronavirus-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf ist kompliziert und aufwendig. Viele von ihnen leiden unter Atemnot und akutem Sauerstoffmangel. Von den 60 Corona-Patienten im Universitätsspital Basel liegt ungefähr jeder Dritte auf der Intensivstation und wird künstlich beatmet. Um diese Patienten kümmert sich auch ein Teil des Anästhesie-Personals. Der Grund: Es kennt sich gut mit den Beatmungsgeräten aus – Anästhesiemaschinen funktionieren ähnlich.

Ihr Chef im Unispital ist Luzius Steiner. Er weiss, wie schwierig die Behandlung sowie die Genesung schwer erkrankter Patienten ist. Bereits nach wenigen Tagen würde bei der künstlichen Beatmung vor allem die Atemmuskulatur dieser Menschen mehr und mehr abgebaut werden. «Die Patienten müssen danach das Atmen erst wieder richtig trainieren», sagt Steiner dem «Tagesanzeiger». Deshalb könne man die Beatmungsgeräte auch nicht von heute auf morgen abstellen – der Patient würde dann ersticken.

«22 Zentimeter tief in die Luftröhre»

Wenn der Patient zu wenig Sauerstoff bekommt, aber noch selber atmen kann, ist laut Steiner auch die Sauerstoffzufuhr über eine dichte Maske möglich. Diese sei aber sehr unbequem zu tragen und deshalb auf Dauer keine Lösung. Wenn sich der Zustand des Patienten verschlechtert, bleibe nur noch die künstliche Beatmung – der Patient werde dann intubiert.

«Dazu leiten wir eine Vollnarkose ein und schieben dann den Beatmungsschlauch zirka 22 Zentimeter tief über den Mund in die Luftröhre», sagt Steiner. Anschliessend übernimmt die Maschine die kontrollierte Beatmung. Ohne eine Anästhesie wäre dieser Eingriff für den Patienten viel zu schmerzhaft. Zur Sicherheit sowie aus Komfortgründen für den Patienten würde oft auch noch ein Luftröhrenschnitt gemacht. Damit sei wieder eine bessere Mundhygiene möglich.

«Risiko von Komplikationen und Langzeitfolgen»

Damit der Schlauch während der künstlichen Beatmung nicht verrutscht, wird er mit Pflastern im Gesicht fixiert. «Der Patient darf deshalb auch nicht plötzlich husten oder versuchen, ihn zu entfernen», sagt Steiner. Deshalb würden die Patienten Medikamente zur Beruhigung bekommen, sodass die Eigenatmung vollständig ausfällt und nur noch die Maschine arbeitet – je nach Dosierung befindet sich der Patient dann im künstlichen Koma.

Ein solcher Eingriff birgt aber auch Gefahren: «Je länger dies dauert, umso grösser ist auch das Risiko von Komplikationen und Langzeitfolgen», sagt Steiner. Zwar könnten die meisten Corona-Erkrankten wieder aus der Intensivstation entlassen werden, praktisch immer müssten sie danach aber für längere Zeit in die Rehabilitation. (bra)


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