Nina (35), Single, schwanger durch Samenspende
Nina* hatte schon immer einen Kinderwunsch, wollte heiraten und eine Familie gründen. Doch es sei heute als Frau schwer, einen Mann zu finden, der sich binden möchte. Sie wollte sich vor zwei Jahren Eizellen einfrieren lassen. Ihre Hoffnung: Irgendwann kommt der passende Mann, und die konservierten Eizellen sind parat. Die Ärzte konnten Nina lediglich eine Eizelle entnehmen.
Nina hatte keine Panik, googelte aber ein paar Monate später nach Samenbanken. Sie gab sich ein Ultimatum: Ein Jahr darf sie nicht daran zweifeln, alleine ein Kind zu bekommen. Ein Jahr später bestellte sie Sperma aus Dänemark, verschickt in einem Trockeneis-Kanister in eine Klinik in Deutschland. Nina wollte eine offene Spende, das heisst, es gibt ein mehrseitiges Dossier mit Babyfotos, Stimmprobe und Steckbrief, und das Kind hat mit 18 das Recht, den Spender zu kontaktieren. Die Auswahl war sehr emotional: Nina sah Babyfotos, hörte Stimmen, las Steckbriefe. «Ich habe so viele Profile gelesen», sagt Nina.
Ihr Wunschkind kostete 10'000 Euro
Nina entschied sich für IVF (Befruchtung im Reagenzglas). Das ist besser planbar, und die Chancen sind höher als bei einer Insemination, bei der das Sperma in die Gebärmutter gespritzt wird. Dafür ist der Eingriff teurer. 11'000 Euro kostete ihr Wunschkind. Behandlung, Tests, Medikamente, Flüge, Unterkünfte. Natürlich gebe es Frauen, die sich das nicht leisten können. Aber wie wollen sie das danach machen als Alleinerziehende? Diese Frage müsse man sich stellen.
Bereits nach wenigen Tagen merkte Nina Schwangerschaftssymptome. Sie machte drei Tests. Alle positiv. «Ich hatte Freude und Angst, denn es war ja noch früh», sagt Nina. Als sie das erste Mal den Herzschlag ihres Kindes hörte, erzählte sie es ihren Freunden. Sie wollte offen mit dem Thema umgehen. Ihre Eltern freuen sich, es sei das erste Enkelkind. Natürlich hätten sie lieber, dass ein Partner ihre Tochter unterstützen würde.
Wenn man ihr Egoismus vorwirft, fragt Nina, wo ist der Unterschied zwischen einem Elternpaar und einer Single-Mutter? Beide haben sich für ein Kind entschieden. Sie weiss: Mit Kind wird es nicht einfacher, einen Partner zu finden. Aber sie hat gerade andere Prioritäten. Und wenn, habe sie wenigstens keine kaputte Beziehung im Hintergrund, keinen eifersüchtigen Vater, sondern klare Verhältnisse.
Lisa (39), Single, 1½ Jahre alter Sohn durch Samenspende
Als Lisa* 20 war, sah sie eine Sendung über Singlefrauen, die mit einer Samenspende Mutter wurden. Da wusste sie: Das ist Plan B. Eigentlich ist Lisa ein Beziehungsmensch, hatte drei längere Partnerschaften. Mit dem letzten Mann war sie fünf Jahre zusammen, eines davon verheiratet. «Diese Beziehung war so verkorkst», sagt Lisa heute. Lisa wollte Kinder, ihr Mann hielt sie hin. In der Hochzeitsnacht sagte er zu ihr: «Wenn du ein Kind willst, musst du erst abnehmen.» Lisas Gewicht war immer Thema. Eines Nachts, Lisa war gerade fruchtbar und wollte die Chance nutzen, flehte sie ihn sogar an. Er wollte nicht, stellte sie gar vor die Wahl: Entweder im Moment keine Kinder oder die Scheidung.
Am nächsten Tag war für Lisa alles klar: Sie wollte die Scheidung. Und Plan B. Lisa war da 36. «Es braucht Zeit, jemanden kennenzulernen. Ich würde allen Stress machen. Daher kam Warten nicht in Frage.» Sie will wieder jemanden kennenlernen, aber ohne den Druck, Mutter werden zu wollen. Lisa suchte sofort nach Kliniken und entschied sich für Dänemark – wegen der offenen Samenspende.
«Ich hätte es mir nie verziehen»
Sie fragte ihre Familie, ob sie sie bei der Betreuung unterstützen. Wenn Lisa arbeitet, ist ihr Sohn zwei Tage bei der Grossmutter, einen bei der Schwester. Die Mutter meinte: «Überleg dir, ob du das alleine willst und kannst.» Aber Lisa hatte sich schon entschieden, und die Mutter begleitete sie nach Kopenhagen. «Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich es nicht probiert hätte», sagt Lisa. Sie versuchte es mit Insemination, dabei wird das Sperma in die Gebärmutter gespritzt. Es funktionierte nicht. Nach einer Pause machte sie IVF (Befruchtung im Reagenzglas).
Ein Jahr nach der Trennung wurde Lisa schwanger. Ihr nahes Umfeld reagierte gut, bei der Arbeit weiss man bloss, dass sie alleinerziehend ist. Nur eine Bekannte der Mutter sagte, dass sie sicher mal ein Sozialfall werde. Darüber lacht Lisa. Wie sie es ihrem Sohn sagen wird? «Ich werde wohl sagen: Ein Mann und Ärzte haben uns geholfen, dass wir eine Familie werden.» Sie spricht von «Mann», denn Papi sei eine soziale Rolle. Als Spender sei man nicht Papi. Will sie denn wieder eine Beziehung? Ja, aber sie habe kaum Zeit. Lisa hofft, dass man ihrem Sohn das Leben nicht schwer macht. Mann, Frau, Kind sei doch heute überholt.
Alexandra (46), «Friere deine Eier ein!»
Alexandra* ist eine jener Frauen, bei denen man leer schluckt, wenn sie einem das Alter verraten. Alexandra sieht aus wie Ende 30 und sagt nicht gerne, dass sie 47 wird. Denn das Alter ist genau ihr Problem. Beziehungsweise das Alter ihrer Eizellen. Alexandra ist die typische Karrierefrau: erfolgreich, selbstbewusst, gut aussehend – und Dauersingle. Bis 35 wollte sie keine Kinder. Dann merkte sie: «Karriere ist auch nicht alles. Es muss mehr im Leben geben als Geld verdienen und schöne Dinge kaufen.» Aber da tickte ihre Uhr schon.
Alexandra hoffte immer, dass sie einen passenden Mann treffen würde. «Es war nie mein Traum, Single-Mutter zu werden.» Aber sie verschwendete ihre Zeit immer an den Falschen. Als nach einigen Jahren immer noch kein passender Partner da war, wollte sie sich ihren Kinderwunsch alleine erfüllen. Sie wusste da noch nicht, wie gering die Chancen in ihrem Alter sind. Diese Entscheidung dauerte. Kann sie alleine Mutter sein? Emotional? Finanziell? Warum will sie ein Kind? Ist das ein Ego-Trip? Sie investierte viel Zeit in die Recherche: Welche Klinik? Welcher Spender? Die Finalisten schaute sie mit einer Freundin durch, bis sie den idealen Spender fand.
«Ich werde wohl mit dem Thema Kinder abschliessen müssen»
Alexandra versuchte zwei Mal in einer Klinik in Zypern schwanger zu werden. Man entnahm ihr zwar viele Eizellen, acht wurden sogar befruchtet, aber davon schaffte es nur eine bis Tag 5. Das war vergangenen August. Deshalb sagt sie heute allen jungen Frauen, die sie kennt: «Friere deine Eier ein, dann hast du die Option!» Und man solle nicht auf einen Mann warten. Für ein Kind gebe es auch nie den richtigen Zeitpunkt. Irgendwann müsse man es einfach probieren. Denn am Ende des Tages habe man keine Garantie, dass es klappe. «Ich werde wohl mit dem Thema Kinder abschliessen müssen», sagt Alexandra. Das auszusprechen, fällt ihr schwer. Sie hätte sich früher entscheiden müssen. Aber so sei eben das Leben. Und dann sagt die Karrierefrau: «Ich dachte immer, mein nächstes Auto werde kindergerecht sein. Jetzt kaufte ich einen Sportwagen. Beides ist heute ein Luxus, aber das Auto ist definitiv günstiger.»
* Namen geändert