«Doppelmoral und Heuchelei»
Protest gegen Verhaltenskodex von Churer Bischof

Über 40 Priester weigern sich, den neuen Verhaltenskodex des Churer Bischofs Bonnemain zu unterzeichnen. Der Kodex verletze nicht nur das Kirchengesetz, sondern wolle auch die LGBT-Ideologie unter dem Deckmantel von Übergriffsprävention in die Kirche implantieren.
Publiziert: 30.04.2022 um 07:29 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2022 um 09:10 Uhr
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Der Verhaltenskodex des Churer Bischofs Joseph Maria Bonnemain stösst auf Kritik.
Foto: keystone-sda.ch

Mit seinem Verhaltenskodex zum Thema Machtmissbrauch sorgte der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain (73) mächtig für Aufsehen. Und das weit über sein Bistum.

Anfänglich war das Echo durchaus positiv, jetzt regt sich aber mächtig Widerstand dagegen, wie die «Schweiz am Wochenende» berichtet. 43 Geistliche des Churer Priesterkreises, die damit mit weiteren 80 Priestern verbunden sind, weigern sich, den «Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht – Prävention von spirituellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung» zu unterzeichnen.

Kodex führt zu Doppelmoral und Heuchelei

Übergriffe vorzubeugen, sei durchaus wichtig, heisst es aus dem als konservativ geltenden Priesterkreis. Deshalb sei er auch mit 95 Prozent des Kodex einverstanden, da er diese als Ausdruck des gesunden Menschenverstands versteht. So verbietet der Kodex etwa Einladungen von Minderjährigen oder intime Begegnungen.

Dennoch halten die Kritiker fest: «Der Verhaltenskodex verletzt jedoch mehrfach die Lehre und Disziplin der Katholischen Kirche. Zudem führt er zu einer institutionalisierten Doppelmoral und damit zur Heuchelei.» Der Bischof hätte das Dokument gar «niemals unterzeichnen» dürfen, wie der Churer Priesterkreis schreibt. Denn er schränke das Teilen der Glaubenslehre und verstosse damit gegen das katholische Kirchenrecht.

Bischof Bonnemain hatte den Kodex im April gemeinsam mit allen sieben bistümlichen Landeskirchen der Kantone Graubünden, Zürich, Schwyz, Uri, Nid-, Obwalden und Glarus unterzeichnet.

«Homosexuelle Handlungen nicht zu billigen»

Konkret üben die Geistlichen Kritik an der Lehre der katholischen Beziehungs- und Sexualmoral. So steht im Kodex: «Ich verzichte auf pauschal negative Bewertungen von angeblich unbiblischem Verhalten aufgrund der sexuellen Orientierung.»

Dem auf der Bibel basierenden Katechismus zufolge seien «homosexuelle Handlungen in sich nicht in Ordnung» und «in keinem Fall zu billigen». Diese kirchliche Lehre könnten die Priester nicht mehr verkünden.

Weiter heisst es im Dokument: «In Seelsorgegesprächen greife ich Themen rund um Sexualität nicht aktiv auf. In jedem Fall unterlasse ich offensives Ausfragen zum Intimleben und zum Beziehungsstatus.» Wer sich damit einverstanden zeige, dürfe jedoch kein Ehedokument mehr ausstellen, so der Priesterkreis. Pfarrer seien verpflichtet, die zukünftigen Verheirateten zu fragen, ob sie einer Ehe als «sakramentale Lebens- und Liebesgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau» zustimmen.

Aushöhlung der kirchlichen Glaubenslehre

Insbesondere folgenden Abschnitt empfinden die Priester als Zumutung: «Einem Outing zu sexueller Orientierung stehe ich unterstützend zur Seite.» Damit kreiere der Kodex einen Gewissenskonflikt für die Priester, die an der «unverkürzten Lehre und Ordnung» der Kirche festhalten wollen.

«Wir bedauern sehr, dass der Diözesanbischof Hand zum Versuch geboten hat, die LGBT-Ideologie unter dem Deckmantel der Übergriffsprävention in der Kirche zu implantieren und damit die Glaubenslehre der Kirche auszuhöhlen», so die Kritiker.

Bischof Bonnemain bedauert den Zwist und möchte auf die Priester zugehen. In einer Medienmitteilung schreibt das Churer Bistum: Der Bischof nehme «diese Stellungnahme ernst, alles andere würde bedeuten, diese Gruppe von Priestern der Diözese nicht zu respektieren». Er übe jedoch Kritik an der Auslegung. (dzc)

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