Sie wollte auf dem Pausenhof mitreden können und schaute sich dafür unzählige Youtube-Videos an. Eine 13-jährige Schülerin aus den USA entwickelte daraufhin eine Internetsucht. Sie vergrub sich in ihrem Zimmer und starrte nur noch auf ihr Smartphone. Erst eine spezielle Therapie des Suchtzentrums «Pyramid» konnte sie von ihrer Abhängigkeit befreien (BLICK berichtete).
Für den dortigen Chef-Psychologen Jeff Nalin kein Einzelfall. Er klagt über eine alarmierende Zahl von jugendlichen Internetsüchtigen. Denn die digitalen Geräte wie Handy, Tablet und Computer sind längst nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Selbst Kleinkinder bedienen sie schon.
Doch wie lässt sich eine Internetsucht verhindern? Worauf muss man achten? Wie lehrt man den Nachwuchs den angemessenen Umgang?
«Verzicht ist keine Option»
Das Phänomen der Internetsucht ist noch recht jung und schwer zu definieren, sagt Digitalexperte Philippe Wampfler zu BLICK. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den Themen Digitale Medien, Bildung und Pädagogik. Für ihn ist klar: «Ihre Smartphones sind ihre Telefone, Briefkästen, Fernseher und Bücher.» Doch die Kinder und Jugendlichen einfach sich selbst überlassen, ist auch nicht der richtige Weg. Denn die digitalen Medien stellen durchaus ein Risiko dar.
Pauschal verteufeln wäre auch falsch. «Generell gilt, dass diese Medien beschleunigend wirken können – psychologische Tendenzen, auch problematische, können so verstärkt werden. Zudem werden soziale Themen dort enorm intensiv verhandelt und können in einem Alter, in dem sie ohnehin einen hohen Stellenwert besitzen, noch einmal an Bedeutung gewinnen.»
Eltern und Schule in der Pflicht
Umso wichtiger ist es deshalb, den richtigen Umgang mit den digitalen Medien zu lernen. Darunter versteht der Experte einen selbstbestimmten Umgang. Bedürfnisse und Gefühle der Heranwachsenden dürfen sich nicht allein in der digitalen Welt abspielen.
Um diesen selbstbestimmten Umgang zu erlernen, sieht Wampfler sowohl die Eltern als auch die Schule in der Pflicht. «Eltern sollten den Dialog mit ihren Kindern pflegen, ein offenes Ohr haben und sich nach ihren medialen Gewohnheiten erkundigen. Sie merken, wie es ihren Kindern geht und können im entscheidenden Moment nachhaken und gegebenenfalls intervenieren.»
Gleichzeitig muss die Schule auch Orientierung bieten und weiterbilden. «Die Schule soll professionelle Kompetenzen mit digitalen Medien anbieten und generell im Sinne einer umfassenden Gesundheitsprävention zum Nachdenken über eigene Bedürfnisse und den Umgang mit Druck und Frustration anregen», wünscht sich Wampfler.