«Rund ein Viertel meiner Kunden kam wieder ins Studio»
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Yoga-Lehrer Arun Bertozzi:«Rund ein Viertel meiner Kunden kam wieder ins Studio»

Die Branche leidet an Long Covid
Yoga-Studios gehen die Yogis aus

Viele Kursteilnehmer kehrten nach den Corona-Einschränkungen nie zurück. Manche Studios kämpfen ums Überleben, einige haben aufgegeben.
Publiziert: 25.09.2022 um 00:55 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2022 um 17:19 Uhr
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Seine Welt steht Kopf: Yoga-Lehrer Arun Bertozzi. Laut einer Umfrage des Schweizer Yogaverbands verzeichnen Studios weiterhin teils grosse Umsatzeinbussen.
Foto: Philippe Rossier
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Seine Welt steht Kopf: Yoga-Lehrer Arun Bertozzi. Laut einer Umfrage des Schweizer Yogaverbands verzeichnen Studios weiterhin teils grosse Umsatzeinbussen.
Foto: Philippe Rossier
Camille Kündig

Das Knie gebeugt, die Arme gestreckt, fokussierter Blick: Arun Bertozzi (49) meistert die Kriegerhaltung. Der Besitzer eines kleinen Yogastudios im Zürcher Hochschulquartier kämpft gegen die Folgen der Corona-Krise. «Vor der Pandemie hatten wir täglich um die 15 Kursteilnehmende. Inzwischen sind wir etwa bei vier.»

Die nächsten Monate werden über die Existenz seines Studios entscheiden. Seit Beginn der Covid-Einschränkungen hadert Bertozzi mit finanziellen Problemen. Er spricht über Umsatzeinbussen von 70 Prozent.

Um die schwierige Zeit zu überbrücken, musste er Schulden anhäufen: «Für offene Rechnungen und die Rückzahlung des staatlichen Covid-Kredits bräuchte ich 29'000 Franken.» Sein letzter Hoffnungsschimmer ist ein Crowdfunding. In der letzten Woche sind 4000 Franken zusammengekommen. «Dieser Schritt und die Aussicht, vielleicht schliessen zu müssen, schmerzen. Aber ich kann es mir nicht mehr leisten, das Studio zu querfinanzieren.»

Bertozzi leidet nicht als einziger Yogastudio-Betreiber an den Folgen der Pandemie. Einem Grossteil der Branche geht es schlecht, wie eine Umfrage des Schweizer Yogaverbandes zeigt, die SonntagsBlick exklusiv vorliegt: Über zwei Drittel der befragten Mitglieder verzeichnen weiterhin einen Umsatzrückgang.

Viele Austritte

«Zahlreiche Studios haben immer noch Einbussen von 30 Prozent und mehr. Sie kämpfen ums Überleben, einige haben aufgegeben», sagt Daniela Küng, Sprecherin des Verbands. Zahlen darüber, wie viele Studios seit Covid schliessen mussten, hat sie nicht. Allerdings verzeichnet ihr Verband überdurchschnittlich viele Austritte. Warum das so ist, kann niemand abschliessend sagen. Küng vermutet: «Einige fühlen sich in Gruppen nach wie vor unsicher und bewegen sich lieber draussen, anderen hat die Pandemie finanziell zugesetzt und sie können sich die Yogastunden nicht mehr leisten. Oder sie haben einfach ihren Rhythmus nicht wiedergefunden nach dem ganzen Hin und Her.»

Die Konkurrenz von Online-Angeboten kann den massiven Rückgang nicht erklären. Nur zehn Prozent nutzen laut Umfrage die virtuellen Klassen der Yogastudios. Möglich ist allerdings, dass viele vermehrt auf Gratislektionen im Netz setzen.

Hoffen auf den Herbst

Oder dass es ihnen am Antrieb fehlt. Umfragen in den letzten Wochen zeigen: Den Schweizerinnen und Schweizern geht es immer schlechter. «Wer leidet, schafft es oft nicht, sich aufzuraffen und sich zu bewegen», so Bertozzi. Dabei lerne man durch Yoga, mit schwierigen Gefühlen umzugehen, und stärke zugleich seinen Körper. «Das wäre gerade in solchen Zeiten wichtig.» Vielleicht hilft den Studios aber auch der Herbst. Daniela Küng: «Wir rechnen damit, dass nach dem heissen Sommer und den nachgeholten Ferien viele wieder einsteigen werden.»

Gelassenheit. Durchatmen. Vertrauen. Darin üben sich Yogis. 80 Prozent der befragten Yogalehrer sind zuversichtlich, dass sie den Weg zurück in die Studios finden. «Vielleicht müssen sie sich einfach noch an die neuen Umstände gewöhnen», so Arun Bertozzi.

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