Die Anwohner in Sisikon UR sind stinksauer. Sie leiden unter der Axenstrasse, die mitten durch den Ort führt. 15'000 Fahrzeuge rollen jeden Tag hier durch. Stau, Abgase und Lärm sind garantiert.
Nur im Moment ist alles anders. Es ist ruhig im Ort. Sogar die Kirchenglocken hört man läuten. Einmal mehr ist die Axenstrasse wegen Steinschlaggefahr gesperrt. Was für die Bewohner noch schlimmer ist als der tägliche Verkehr. Der Tourismus ist am Boden, Restaurants stehen mitten in der Hochsaison leer, und der Ort ist vom Kanton Uri her nur mit dem Zug erreichbar.
Das Wirtepaar Biri (48) und Regina Prabaskaran (38) führt im Ort den Sternen. Sie sagen: «Wir haben fast keine Gäste mehr. Und das in den besten Monaten!» Darum schreiben sie Verlust in der Hochsaison: «Wir mussten sogar unsere Servicemitarbeiter entlassen.» Ähnlich ergeht es anderen Gastrobetrieben im Ort. Einige haben ganz zu, andere kämpfen mit 80 Prozent weniger Umsatz.
Gemeinderätin Claudia Zwyer (55) stellt ihren Stuhl aus Protest auf die leere Strasse: «Mein Mann ist Servicemonteur. Er kann sein Werkzeug nicht in den Zug nehmen.» Sie erklärt: «Wenn er im Kanton Uri Arbeit hat, muss er nun um den ganzen Vierwaldstättersee fahren. Das ist ein finanzieller Verlust.»
Anwohner Hufschmid hat Angst, wenn er ins Auto steigt
Dabei gibt es längst eine Lösung. Einen sicheren Tunnel mit Anschluss ans Dorf, der die alte Axenstrasse ersetzt. Der Bundesrat und die Kantone Schwyz und Uri sind für das Grossprojekt. Doch Private und Umweltschutzverbände halten mit Einsprachen dagegen. Diese Verzögerungstaktik hat Erfolg. «In den 90er-Jahren hat man uns versprochen, der Tunnel stehe bis 2017», sagt Anwohner René Hufschmid (59) zu BLICK. Er schüttelt den Kopf: «Wir haben 2019, und der Baustart ist noch immer offen.»
Der Urner macht sich grosse Sorgen: «Das Schlimmste ist die Sicherheit. Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis ein Felsen auf ein Auto knallt.» Diese Angst teilt auch Anwohner Arthur Zwyssig (63): «Ich habe das Gefühl, man nimmt uns und unsere Sorgen nicht ernst.»
Seit 45 Jahren kämpft Bauingenieur Zwyssig für den Tunnel. In dieser Zeit lernte er vor allem etwas: «Unsere Gesetze sind für Einsprecher gemacht, nicht für die leidende Bevölkerung.» Er betont: «Private Einsprecher sollen fair entschädigt und enteignet werden.» Doch für die Umweltschutzverbände fehlt ihm das Verständnis: «Ihnen muss jemand den Riegel schieben.»
Die ganze Situation ist für das Dorf frustrierend. Doch etwas Gutes gewinnen die Sisiker der Sache ab: «Wir halten zusammen», so der Tenor. Wichtige Sachen wie die medizinische Versorgung oder die Feuerwehr wurden schnell organisiert. Diese Solidarität zeigt der Ort auch gegen aussen – mit Galgenhumor. Am Samstag findet mitten im Dorf ein Strassenfest statt.
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