Viele Schweizer träumen vom eigenen herzigen Hündli. Doch der Traum entpuppt sich immer wieder als Albtraum – für Käufer und Vierbeiner.
Tamara Feitknecht (37) etwa ist froh, als sie einen Chihuahua-Welpen im Internet findet: Schweizer Herkunft, geimpft, entwurmt, nur 1200 Franken. Als sie Hündin Mindy in einem kleinen Thurgauer Ort abholt, beginnt eine Odyssee. «Schon auf der Heimfahrt hatte das Hündli Durchfall, sie lag in der ersten Nacht unterzuckert fast leblos im Korb», erinnert sich Feitknecht. Mindy wird zum Notfall. Frauchen hetzt von Tierarzt zu Tierklinik. Parasitenbefall. Notwendige Impfungen: Fehlanzeige. Und Mindy ist keine Schweizer Hündin. Sie ist gebürtige Slowakin. Wie ihre Verkäuferin Monika H.*.
Diese ist seit Jahren in der Schweizer Chihuahua-Szene bekannt. Sie züchtet nicht selbst, hat eine Sammelstelle in der Zentralslowakei. Dort wird ein Impfschein ausgestellt – und ab in die Schweiz. Bei Tierschützern läuten die Alarmglocken, wenn sie ihren Namen hören. 2018 hat sich eine Facebook-Gruppe gegründet, in der sich Kunden von H. über ihre kranken Hunde austauschen, die auch schon mal kurz nach dem Kauf starben.
Hohe Tierarzt-Folgekosten
Bei H. kauften auch Stefan (43) und Conny (45) K. ihren Chihuahua Mila – für nur 750 Franken. Das Schnäppchen wurde teuer: Milas Dünndarmparasiten übertrugen sich auf K.s Katze. Nur Antibiotikum half. Eine Zahn-OP und weitere Impfungen kamen hinzu. Und: Mila ist gar kein Chihuahua, wie ein Gentest zeigte – obwohl sie als reinrassig verkauft wurde.
Von BLICK konfrontiert, schreibt H.: «Bei Abgabe sind die Hunde gesundheitlich in bester Verfassung.» Die Parasiten könnten etwa bei Stress ausbrechen. Alle ihre Hunde seien reinrassig, aber ohne Papiere. Denn: «Ein Hund mit Papieren wäre viel teurer.»
Reinrassigkeit ist oft blanke Lüge
Über den Preis geht viel im Hunde-Business. Eine Goldgrube für Importeure, die die Tiere irgendwo hundsbillig züchten lassen. Dann verkaufen sie sie in der Schweiz teils zur Hälfte des gängigen Preises und haben immer noch Top-Margen!
Es fallen ja auch sonst kaum Kosten an: Von den im Jahr 2018 über 26'000 eingeführten Hunden wurden gerade einmal 3000 gewerbsmässig importiert, weil man ohne Bewilligung bis zu fünf Tiere in die Schweiz bringen darf. Dies zeigen Recherchen des «Beobachters», der mit BLICK und der slowakischen News-Plattform «Aktuality.sk» zum Thema zusammengearbeitet hat.
Ergebnis: Einige Vierbeiner werden aus Osteuropa in PKW über die Schweizer Grenze gekarrt. Vieles, was in den Online-Verkaufsinseraten steht, stimmt nicht. Die Tiere sind häufig nicht richtig geimpft oder krank. Die Herkunft wird verschleiert, Reinrassigkeit ist oft blanke Lüge.
Jährlich mehrere Beschwerden gegen Monika H.
Auch auf dem Online-Marktplatz Anibis.ch, wo Tausende Hunde angeboten werden, ist Monika H. keine Unbekannte. Seit 2015 gehen jährlich mehrere Beschwerden gegen die Händlerin ein.
Die wittert eine Verschwörung: «Seit ich angefangen habe, online die Hunde zu vermitteln, wollen mich die Schweizer Konkurrenten fertigmachen.» Die Beschwerden seien meist unbegründet. Anibis sah das anders und schaltete das Veterinäramt Thurgau ein.
«Man muss diese Frau stoppen!»
Dieses hat Monika H. aber die Bewilligung, jährlich bis zu 120 Hunden und 60 Katzen zu importieren, nicht entzogen. Der Amtschef, Kantonstierarzt Paul Witzig (64), der im Quälhof-Drama von Hefenhofen keine gute Figur machte, äussert sich nicht zum Fall. Sagt aber, Bewilligungen gebe es nur, wenn Kontrollen ergäben, dass «die gesetzlichen Anforderungen dafür erfüllt» werden. Alles gut also im Hause H.?
«Ein Hundehändler darf keine kranken Tiere verkaufen», findet Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz. Dafür müsse das Veterinäramt sorgen. Kundin Feitknecht sieht es ähnlich: «Man muss diese Frau stoppen!»
Stefan und Conny K. wurden jetzt selbst aktiv. Sie haben am gestrigen Mittwoch Anzeige gegen Monika H. wegen Betrugs erstattet.
* Namen der Redaktion bekannt
Die Recherche stammt vom Ringier Axel Springer Research Network, in dem verschiedene Medien zusammenarbeiten. Dazu gehören die Blick-Gruppe, «Beobachter», «Handelszeitung», «Le Temps» (Schweiz), «Welt», «Bild» (Deutschland), «Pulse» (Nigeria), «Politico» (Belgien), «Onet» (Polen), «Aktuality.sk» (Slowakei), «Libertatea» (Rumänien), «Blic» (Serbien), «Blikk» (Ungarn) und «Business Insider» (Grossbritannien).
Die Recherche stammt vom Ringier Axel Springer Research Network, in dem verschiedene Medien zusammenarbeiten. Dazu gehören die Blick-Gruppe, «Beobachter», «Handelszeitung», «Le Temps» (Schweiz), «Welt», «Bild» (Deutschland), «Pulse» (Nigeria), «Politico» (Belgien), «Onet» (Polen), «Aktuality.sk» (Slowakei), «Libertatea» (Rumänien), «Blic» (Serbien), «Blikk» (Ungarn) und «Business Insider» (Grossbritannien).