Corona-Patienten überfordern Ärzte, Pfleger und Spital-Ressourcen. Einerseits, weil sie viel Pflege benötigen. Andererseits, weil es so viele von ihnen gibt.
In der zweiten Welle gelangen wesentlich mehr Patienten auf die Intensivstationen als noch im Frühjahr – im Berner Inselspital sind es rund viermal so viele. Um dem Andrang gerecht zu werden, haben Schweizer Spitäler bereits rund 200 Intensivbetten ad hoc bereitgestellt. Zusätzlich werden Operationen, die nicht unbedingt nötig sind, aufgeschoben. Und trotzdem reicht es kaum. An vielen Orten stellt man sich die Frage: Wohin mit den Patienten?
Bettenmanager löst nur ein Problem
Darum kümmert sich am Zürcher Unispital ein Bettenmanager. Christoph Krucker ist der erste der Schweiz, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Kruckers Aufgabe: Die insgesamt 970 Betten so zu verteilen, dass jeder Patient eines erhält. Derzeit hat er demnach nur eine Aufgabe: Wo kann man noch Betten reduzieren, damit es mehr Platz für Covid-Patienten gibt? Der Manager sagt zur Zeitung: «Ein Unfall mit fünf Schwerverletzten reicht, um das Spital an seine Grenzen zu bringen.»
Das Problem dabei sind nicht per se die Betten. Sondern das Personal – denn Covid-Patienten auf der Intensivstation brauchen besonders viel Betreuung. Für vier IPS-Betten, sagt Christoph Krucker, seien 60 Pflegerinnen und Pfleger pro Tag notwendig, verteilt auf drei Schichten rund um die Uhr, ein riesiger Aufwand!
Eine Pflegefachperson für vier Patienten
Wie das Inselspital Bern BLICK mitteilt, gibt es punktuell auf den Intensivstationen noch mehr Aufwand. Wenn ein beatmeter Patient gedreht werden muss, kann das bis zu neun Personen erfordern und bis zu einer Stunde dauern. In Bern, wo sonst eine 1:1-Betreuung auf der Intensivstation gewährleistet ist, kümmert sich derzeit eine Person um vier schwerkranke Personen.
Das Personal kann nicht einfach hingestellt, sondern muss zuerst ausgebildet werden. Was nicht von heute auf morgen geschieht. Die Folge: Die derzeitigen Fachkräfte sind teilweise massiv überlastet. «Die Leute sind erschöpft und sehen kein Ende kommen», sagt Roland Brunner vom VPOD, der Gewerkschaft fürs Personal in öffentlichen Diensten, dem «Tages-Anzeiger». Resignation mache sich breit.
Kommt es zu einer Kündigungswelle?
Regina Soder, die Geschäftsleiterin des Verbandes für Pflegefachfrauen und -männer des Kantons Zürich, sagt dem «Tages-Anzeiger»: «Niemand kann sagen, wann es wieder einen normalen Arbeitsalltag geben wird. Bestimmt nicht in den ersten Monaten im neuen Jahr.» Diese Perspektivlosigkeit lauge aus.
Als Folge dieser Überbelastung vermuten einige Experten laut der Zeitung eine Kündigungswelle. Vielleicht noch nicht jetzt, weil die Pflegefachkräfte solidarisch seien. Aber sobald sich die Situation etwas beruhigt habe, sagt Gewerkschafter Roland Brunner. Spätestens dann müssten allerdings alle Operationen, die derzeit hinausgeschoben werden, aufgeholt werden. Hinzu kommt die tägliche Arbeit mit Notfall- und «normalen» Patienten.
«Medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet»
«Viele Pflegerinnen und Pfleger werden aus Erschöpfung nicht mehr arbeiten können. Die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten, unsere Versorgung, ist nicht mehr gewährleistet», sagt Brunner der Zeitung.
Wirklich daran denken und an die Probleme, die das mit sich bringen wird, mag derzeit kaum jemand. Zu ungewiss ist, wann die Nach-Corona-Zeit beginnt. Zu gross sind die Probleme schon heute. (vof)
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